Auftraggeber:
Stadt Memmingen
Wettbewerb:
Realisierungswettbewerb nach RPW 2013, 2. Preis und Zuschlag
Projektbeteiligte:
Landschaftsarchitekt:
adlerolesch Landschaftsarchitekten, München
Mitwirkung Statik und Brandschutz:
Planungsgesellschaft Dittrich MBH, München
Städtebau
Das historische Hauptgebäude integriert sich als lineares Bauteil in den Verlauf der historischen Stadtmauer und befindet sich damit im Randbereich der Altstadt. Auf der Westseite schließt das Kempter Tor an, das als präsenter Eingang in die Innenstadt fungiert. Die Struktur des ehemaligen Stadtgrabens vor der Mauer wurde in Form eines Grüngürtels mit Parkcharakter erhalten, der sich um den Stadtkern legt. Hierhin orientiert sich auch der Außenraum der Schule, sowie ein bestehender Erweiterungsbau. Jenseits des Parks befinden sich städtische Funktionen wie Wohnen, Gewerbe und Industrie und eine Ringstraße um die Altstadt.
Übergeordnet bilden sich die drei Zonen Altstadt, Park und umgebendes Stadtgebiet ab. Das Schulgelände lagert sich als Übergangsbereich im Park an die Altstadt an. Entwurfsbestimmend ist daher die (frei)räumliche und gestalterische Abstufung der Themen Stadt und Park.
Der Standort der neuen Sporthalle befindet sich analog zum bestehenden Erweiterungsbau im Übergangsbereich zum Park. Das Motiv des punktuell in die Grünzone gesetzten Baukörpers wiederholt sich im Verlauf des ehemaligen Stadtgrabens bereits mehrmals. Das Hauptgebäude der Reichshainschule kann als Teil der historischen Stadtmauer weiterhin als prägendes Stadtelement wirken.
Funktionale Zonierung
Die neue Sporthalle ist analog zum Erweiterungsbau vom denkmalgeschützten Bestand abgerückt positioniert.
Zwischen den Gebäuden entsteht eine lineare Funktionszone mit der verkehrlichen Erschließung und Parkierung im Westen und dem neuen Pausenhof im Osten. Den vorhandenen massiven Gang zwischen Alt- und Erweiterungsgebäude ersetzt ein transparenter Verbindungsbau in der Achse des Haupttreppenhauses. Dieser schafft eine neue, zentrale Eingangssituation und verknüpft die außen- und innenräumlichen Bereiche miteinander. Der südliche Teil des Schulgeländes mit großem Anteil an altem Baumbestand und Grünflächen bildet eine Übergangszone zum Reichshainpark und beinhaltet zusätzliche außenräumliche Funktionen der Schule.
Freiraumkonzept
Der Baumbestand wird weitgehend erhalten und ergänzt. Markante Bäume wie die Buche im Pausenhof werden auf- gegriffen und zu elementaren Bestandteilen des Entwurfs gemacht. Das Gelände ist nun allseitig von Bäumen gerahmt. Zur Kempter Straße hin ergeben die Gehölze eine straßenbegleitende offene Baumreihe, welche zur Inszenierung von Stadtmauer und Stadttor beiträgt. Der südliche Teil des Grundstücks wird in seinem grünen, parkartigen Charakter verstärkt. Auch die anderen Zonen werden größtmöglich begrünt. Der Entwurf bietet viel unversiegelte Fläche mit hohem Versickerungspotential. Klimaangepasste Gehölze und robuste Pflanzungen sorgen für Nachhaltigkeit und eine hohe Biodiversität.
Bauliches Konzept
Das Gebäude steht als transparenter Pavillon im Park. Durch die unterirdische Anordnung von Nebenräumen wie Umkleiden und Geräteräumen entsteht auf der Geländeebene ein durchgängig offener Raum mit filigranem auskragenden Dach. Der Baukörper rückt vom Bestand ab und ordnet sich dem vorhandenen Kontext auch in seiner Höhe unter. Die transparente Fassade ermöglicht einen allseitigen Ein- und Durchblick. Der Bestand kann so noch in seiner Gesamtheit wahrgenommen werden und es entstehen Blickbeziehungen vom Park hinunter auf die Hallenebene.
Zuwegung und interne Wegebeziehungen
Die verkehrliche Erschließung des Schulgeländes erfolgt über die Kempter Straße. Im westlichen Teil des Schulgeländes werden PKW- und Fahrradstellplätze für die Lehrkräfte angeboten. Das restliche Gelände ist autofrei gehalten. Der Haupteingang an der Steinbogenstraße bleibt bestehen. In diesem Bereich gibt es die Möglichkeit einer Kiss&Drop Zone.
Über den Reichshainpark kann das Schulgelände östlich und südlich zu Fuß oder mit dem Fahrrad erschlossen werden. Unter dem auskragenden Dach der Sporthalle befinden sich Fahrrad- und Scooterstellplätze für die Schüler. Die Sporthalle wird zweiseitig von der Schul- und Parkseite erschlossen und kann unabhängig vom Schulbetrieb genutzt werden. Der Pausenhof ist über die bestehenden Ausgänge aus dem Bestandsgebäude, sowie über den neuen Verbindungsbau zugänglich.
Pausenhof und Park
Der Pausenbereich wird durch die umliegenden Gebäude räumlich gefasst. Um den Nutzungsansprüchen der Schülerinnen gerecht zu werden, werden Ruhe- und Aktionsbereiche angeboten. Es ergeben sich drei Inseln mit individuellen Spiel- und Sitzmöglichkeiten innerhalb eines fließenden Bewegungsraumes, der auch Platz für Schulfeste vorhält. Neben klassischen Sport- und Spielgeräten motivieren abstrakte Holzstrukturen und Findlinge zu einer fantasievollen Aneignung. Ein Sonnensegel und üppige Begrünung wirken einer sommerlichen Überhitzung entgegen und schützen vor Wind und Niederschlag. Zwei große Oberlichter zur Belichtung der Umkleideräume im UG werden in die Gestaltung des Pausenhofbereichs integriert.
Im parkartigen Bereich des Schulgeländes finden ein Schulgarten, ein grünes Klassenzimmer und die bestehende Boulderwand Platz. Kantine und Café erhalten eine großzügige Terrassenfläche in Richtung Park. Diese wird durch eine Bepflanzung eingefasst. Begrünte Lichthöfe gewährleisten weiterhin die Belichtung der unterkellerten Räume.
Denkmalschutz
Die Neubebauung und das Freiraumkonzept stärken den denkmalgeschützten Bestand in seiner Struktur und Präsenz. Der Neubau ordnet sich in seiner Position der linearen Bebauungsstruktur unter. Die historischen Bauteile Schulgebäude, Kempter Tor und Stadtmauer werden durch das Abrücken und die transparente Gestaltung der Halle, sowie die Auflösung des massiven Verbindungsgangs freigestellt.
Eine straßenbegleitende Baumreihe inszeniert die Hauptachse zum Stadttor. Die Form des historischen Rondells bleibt erhalten und gibt die neue Wegeführung im östlichen Grundstücksbereich vor.
Die neue Sporthalle befindet sich wie die ehemalige Halle im aufgeschütteten Bereich des ehemaligen Stadtgrabens und greift somit kaum in historische Bodenschichten ein.
Nachhaltigkeit
Das Gebäude erhält ein Holztragwerk mit Holzfassade und ein begrüntes Dach. Die natürliche Materialität fügt sich subtil in den von altem Baumbestand geprägten Park ein. Das Gründach wirkt als Wasserspeicher und Lärmabsorber und ergänzt die Grünflächen des Parks. Die Dachauskragung sorgt für eine natürliche Verschattung der Fassade und erlaubt den Verzicht auf zusätzliche Sonnenschutzelemente. Zudem wird der überdachte Bereich um das Gebäude für die Unterbringung der Fahrrad- und Scooterstellplätze mitgenutzt.
In die Fassade integrierte Öffnungsklappen unterstützen die mechanische Lüftungsanlage durch natürliche Lüftung.
Der Bestand wird in seiner Struktur und Nutzung durch die Versetzung des Verbindungsgangs und die Organisation der Funktionszone aufgewertet.