Neubau eines übergreifenden Wohnkonzepts, Nichtoffener Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Auswahl- / Losverfahren nach RPW 2013

    Auftraggeber:

    Gemeinde Roßhaupten

    Wettbewerb:

    Nichtoffener Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Auswahl- / Losverfahren nach RPW 2013

    Projektbeteiligte:

    Landschaftsarchitekt:

    Uli Möhrle Landschaftsarchitekt BDLA, Augsburg

    In der Ortsmitte von Roßhaupten, entsteht ein wichtiger Baustein für eine zukunftsfähige und belebte Ortsmitte. Zwei Baukörper enthalten hochwertigen, bezahlbaren Wohnraum für junge und ältere Menschen, sowie das Mehrgenerationenhaus und eine Arztpraxis. Differenzierte Freiräume fördern gemeinschaftliche Aktivitäten.

     

    Städtebau

    Zwei versetzt angeordnete Baukörper schreiben das lebhafte räumliche Gefüge des Dorfkerns aus Engstellen und platzartigen Aufweitungen des Straßenraums fort. Sie definieren einen zu Kirche und Hauptstraße zugewandten Platz im Nordosten und einen ruhigen gemeinschaftlichen Garten im Südwesten. An der Verschränkung der Häuser, zwischen dem Gemeinschaftsraum der betreuten Wohngemeinschaft und dem gegenüberliegenden Gemeinschaftsraum des Mehrgenerationenhauses, entsteht eine spannungsvolle Verdichtung in der Durchwegung hin zum Dorfrundweg. Begegnung und Kommunikation wird gefördert.

    Beide Häuser sind als einfach gestaltete Volumen konzipiert, welche sich in Dimension und Sprache in die Dorfstruktur einfügen. Das im Straßenraum stark präsente Punkthaus mit Walmdach enthält das Mehrgenerationenhaus im Erdgeschoss. Seine besondere Dachform signalisiert die besondere Bedeutung. Das Langhaus mit Satteldach, welches ausschließlich WG und Wohnungen enthält, erstreckt sich wie die landwirtschaftlichen Gebäude mit langer Tenne in die Tiefe des Grundstücks.

     

    Bauweise, Nachhaltigkeit, Energie

    Robust, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig, ist eine konventionelle Ziegelbauweise. Auf ein WDVS, oder mit Dämmstoff gefüllte Ziegel wird verzichtet. Stattdessen wird ein gehobener Dämmstandard durch Überdämmung der Ziegel mit Holz-Weichfaserplatten erreicht. Ein Effizienzhaus 40 kann mit 24cm Hochlochziegel und 22cm Holzfaser erreicht werden und bietet als KfW 40 Plus Fördermöglichkeiten mit Tilgungszuschuss von 33.750 Euro je Wohneinheit, insgesamt ca. 1,2 Mio. Euro. Der hinterlüftete Schindelschirm ist ein sehr langlebiger und wartungsfreier Wetterschutz. Alle Bauteile lassen sich nach Ablauf der Nutzungsdauer gut trennen und entsorgen. Die Decken aus Stahlbeton sichern günstig und auf bewährte Weise den baulichen Schallschutz, das Dach wird als Holzdachstuhl mit Einblasdämmung hergestellt. UG und TG bestehen selbstverständlich aus Stahlbeton.

    Mit einer Pelletsanlage im UG des Punkthauses werden beide Gebäude zentral mit Wärme versorgt. Die Beheizung erfolgt allgemein mit Fußbodenheizung, in den Apartments mit Heizkörpern. Der hygienisch notwendige Luftwechsel wird mit Abluftanlagen in den Bädern und WCs und Nachströmung an den Fenstern gesichert. Die PV-Anlage auf dem Dach kann einen Teil des Eigenstroms erzeugen.

     

    Freianlagen

    Städtebaulich wird ein Platz formuliert, der im Spannungsfeld der zwei Neubauten, den Bestandsbauten nördlich der Seeger Straße und dem markanten Kirchengebäude liegt.

    Zonierendes Element zur Seeger Straße ist ein fast tischhohes Wasserbecken, ein Solitärbaum spendet Schatten und markiert die Zufahrt zum Platz. Seine Materialität orientiert sich an Granit-Kleinsteinpflasterbelag im nördlichen Zentrumsbereich und stellt damit eine thematische Beziehung her. Der Platzbelag greift teilweise um die Neubauten herum und schafft damit Einheitlichkeit und Ruhe. Die Haupterschließung des Langhauses erfolgt am nördlichen Kopf beidseitig über das durchgesteckte Treppenhaus, der südliche Eingang ist primär von der Ostseite erschlossen, auf der Westseite ist nur ein Gartenzugang vorgesehen. Untergeordnete Wege sind in wassergebundener Bauweise geplant. Sowohl westlich wie östlich des Langhauses ist eine Verbindung nach Süden zum Dorfrundweg vorgesehen. Das Tagwasser der Pflasterflächen und der Dächer soll über Rigolen versickert werden, in den direkt am Gebäude anliegenden Grünbereichen auch über Sickermulden im Gelände.

    Dem Punkthaus ist im Süden ein Freibereich vorgelegt, der als Sitzbereich für interne Nutzungen aber auch für Aktivitäten aller möglichen Nutzergruppen dienen soll. Im Anschluss daran ist ein Kinderspielbereich geplant, der in Verbindung zum Freibereich „Mitanand“ steht und Jung und Alt gleichermaßen dient. Ferner ist ein Gartenbereich vorgesehen, in dem, der Tradition des Bauerngartens folgend, sowohl Nutz- als auch Zierpflanzen angebaut werden sollen. Zum Gießen steht ein Brunnen mit Schwengelpumpe zur Verfügung, ein Wasserfass beim südwestlichen Zugang fängt Regenwasser auf. Auch Kleintierhaltung (Kaninchen, Hühner) können dem Wunsch der Bewohner, sich zu kümmern/ zu sorgen, nachkommen. Dies kann ein Treffpunkt für alle sein, wo man gemeinsam „schaffet“.

    Im südlichen Grundstücksbereich befindet sich ein eingefriedter Garten vor allem für Demenzkranke. Eine Gemeinschaftsterrasse mit Pergola dient als Wohnzimmer im Freien, ein Rundweg erlaubt Spaziergängen in einem geschützten Bereich. Sein Belag ist durchgehend in einem fugenlosen Material mit sandfarbenem Asphalt geplant. Die Einfriedung ist vielgestaltig in Form von Holzlegen, Holzstaketen, Stelen und vorgepflanzten Zäunen ausgebildet, so dass kein Gefühl des Eingesperrt seins hervorgerufen wird. Es sollen Pflanzen verwendet werden, die den meisten Bewohnern bekannt sein dürften: Gartensträucher wie Flieder oder Forsythie, Beetstauden wie Iris, Phlox oder Rittersporn, Lavendel, vereinzelt Rosen und ein Hochbeet mit Kräutern und kleinem Gemüsebeet.

    Die oberirdischen Kfz-Stellplätze werden in ähnlicher Struktur wie im Bestand geplant, die östliche Fahrgasse nimmt die TG-Zufahrt auf, ebenso ist die Zufahrt ins Flurstück 147 möglich. Als Bedarfszufahrt für überbreite landwirtschaftliche Maschinen kann auch die westliche Parkplatz-Fahrgasse verwendet werden.

     

    Architektur

    Die Gebäude gewinnen durch den unterschiedlichen Umgang mit Öffnungen, Traufhöhen und Dachformen ihren eigenen und Identität stiftenden Charakter. Dennoch verbindet die gleichermaßen geschindelte Gebäudehülle mit jeweils hellen Gesimsen, Faschen, Ausschnitten oder Brüstungen die beiden zu einem stimmigen Ensemble. Die Außenhülle aus Holzschindeln zeigt selbstbewusst aber mit bescheidenem Material die neue Gebäudetypologien im meist durch Putzbauten geprägten Ort. Der Platzbelag umfließt das Punkthaus bis über die Terrasse des Saals, das Langhaus zu den Erschließungswegen hin.

    Das Punkthaus ist ein in sich ruhender, ruhig strukturierter, leicht polygonaler Bau mit Walmdach. Er wird vom Platz her erschlossen. Das ganze EG ist dem Mehrgenerationenhaus gewidmet, dessen Gemeinschaftsraum sich nach Süden hin zur überdachten Terrasse öffnet. Über Spielplatz, Bauern- und Demenzgarten blickt man ins Grün des Ortsrands. Im 1. OG befindet sich die Arztpraxis. Alternativ könnten dort auch andere Gewerbenutzungen wie Büros oder Wohnungen angeordnet werden. Im DG befinden sich vier Wohnungen mit geräumigen Loggien und schmalen Gauben.

    Das Langhaus ist ein linear und rational gegliederter Baukörper mit Satteldach, gekennzeichnet von zwei durchgesteckten Erschließungsbereichen. So verbindet sich die Gartenseite im Westen mit der Haupterschließung im Osten. Im EG ist die betreute Wohngemeinschaft untergebracht, der Gemeinschaftsraum liegt an der Stelle, wo das meiste öffentliche Leben sattfindet. Die durchgesteckten Eingangsbereiche brechen die Länge des Mittelflurs. Im Sinne der Inklusion und gesellschaftlichen Teilhabe dürfen sich die Wege der unterschiedlichen Bewohner des ganzen Hauses kreuzen. Im ersten OG und DG befinden sich geförderte Mietwohnungen, das OG funktioniert ähnlich dem EG mit einer zweihüftigen Erschließung, im DG erschließt jedes Treppenhaus vier Wohnungen. Eingeschnittene Loggien mit angehängten Balkonen geben dem Gebäude eine spielerische Gestaltung.

    Das Untergeschoss enthält Fahrradraum, Abstell- und Technikräume. Die übersichtliche Tiefgarage bietet 38 Stellplätze und erstreckt sich unter beide Gebäude und einen Teil des Gartens. Ihre Einfahrt ist unauffällig an der nordwestlichen Grundstücksgrenze angeordnet und über den Parkplatz erschlossen. Die Abfahrt tritt lediglich in Brüstungshöhe mit einer teilweisen Überdachung in Erscheinung.

    Bild zum Projekt Wettbewerb Übergreifendes Wohnkonzept "Strobelhaus" Roßhaupten
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