Ersatzneubau des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses in Memmingen; Einstufiger, nichtoffener Realisierungswettbewerb, 2. Preis

    Auftraggeber:

    Evang.-Luth. Kirchengemeinde Memmingen

    Wettbewerb:

    Einstufiger, nichtoffener Realisierungswettbewerb, 2. Preis

    Projektbeteiligte:

    Landschaftsarchitekt:

    kübertlandschaftsarchitekur, München

     

    Modellbau:

    Matthes Max Modellbau GmbH, Waakirchen

    Städtebauliche Integration

    Das zum Abriss vorgesehene Dietrich-Bonhoeffer-Haus besteht aus einem Gebäudeensemble mit drei Baukörpern. Der vorgeschlagene Ersatzbau wird demgegenüber als einfaches, ruhiges Bauvolumen in den Grüngürtel entlang der historischen Stadtbefestigung eingefügt. Durch das Abrücken von der Stadtmauerlinie wird der Neubau nun allseitig vom Baumbestand umfangen und wirkt in Verbindung mit der Ausformulierung des Baukörpers pavillonartig. Eine Adressbildung zum öffentlichen Straßenraum von Buxacher Straße oder Königsgraben wäre konträr zur beabsichtigten Einfügung in den Grüngürtel. Deswegen wird auf die derzeit bestehende fußläufige Doppelerschließung von Süden verzichtet. Der Neubau wird nun von Osten über den bestehenden öffentlichen Fußweg entlang der Stadtbefestigung und einem kleinen befestigten Vorplatz erreicht. Von hier zeigen sich bereits Blicke durch die transparenten Fassaden von Foyer und Saal in den westlichen Baumbestand. Nach Osten wird die Altstadtsilhouette in Szene gesetzt, ein attraktiver, aber geschützter Freiraum für die Nutzung bei Veranstaltungen.

     

    Raum - und Funktionskonzept

    Das neue Dietrich-Bonhoeffer-Haus soll wie bisher auch als Raum für das gemeindliche Leben und öffentliche Veranstaltungen dienen. Gegenüber der bisherigen introvertierten Grundrissorganisation verbinden sich nun Foyer, Gemeinderaum und Saal zu einer lichtdurchfluteten Raumfolge, der grüne Park wirkt nach innen, das Gemeindeleben nach außen.

    Eingerahmt wird dieser offene Bereich durch zwei geschlossene Raumzonen: Im Südosten befinden sich Stuhllager und Lager, mit direkter Anbindung an Saal und Foyer sowie die Verbindung ins UG mit neuer Treppe und Plattformlift unter minimierten Eingriffen in die Bausubstanz. Im Norden werden die weiteren Funktionsräume angeordnet: Sanitärbereich, Küche und Anlieferung. Gemeinschaftsraum und Saal lassen sich für größere Veranstaltungen zusammenschalten. Die Bühne wird unter Ausnutzung des Höhenunterschieds im Außenbereich südlich angeordnet und mit variablen Scherenhubelementen ausgestattet. Dies ermöglicht einige Szenarien der Bespielung: ausgefahrene Elemente als große Bühne in Verbindung mit einem umlaufenden Vorhangsystem, komplett eingefahrene Elemente zur maximalen ebenen Saalfläche, und als vorgeschlagene Regelvariante: stufenartig ansteigende Bühnenelemente nach Süden mit Aktivierung der Öffnung in den vorgelagerten zusätzlichen Freiraum mit Sitzelementen im Rasen.

    Die bestehenden Kellerflächen bleiben vollständig erhalten und sind neben der neuen Vertikalerschließung weiterhin über die verbleibende Außentreppe erreichbar.

     

    Freiraumkonzept

    Der Grüngürtel im ehemaligen Stadtgraben „umspült“ das neue Gebäude zukünftig noch konsequenter als dies im Bestand bereits der Fall ist. Dabei wird die Versiegelung auf ein notwendiges Minimum reduziert.

    Erhalten bleibt die Zufahrt von Norden als Erschließung der Pkw-Stellplätze sowie zur Anlieferung und Entsorgung – einheitlich ausgeführt als Olympiamastix mit Rieselabstreu. Hierüber wird das Gebäude untergeordnet auch fußläufig sowie mit dem Fahrrad von Norden bzw. Westen erschlossen. Die Fahrrad-Stellplätze werden hier unter dem Dachüberstand wettergeschützt angeordnet. Fahrrad- und Pkw-Stellplätze sollen als Rasenpflaster ausgeführt werden.

    Haupterschließung sowie repräsentative Adresse ist der altstadtseitige Vorplatz mit wassergebundener Decke und Riesel-Abstreu („Biergarten-Belag“) sowie Gehbahnen aus Natursteinplatten – gesäumt von monolithischen Sitzelementen und einer schattenverträglichen, pflegereduzierten, ganzjährig attraktiven Stauden-Gräser-Mischpflanzung. Verkehrsflächen sind barrierefrei.

    Einen weiteren, adressbildenden Identifikationspunkt bedeutet die Neupflanzung einer klimawandelresilienten Winter-Linde am Vorplatz als „Haus- und Hofbaum“. Über im Boden verbleibenden UGs rückgebauter Bestandsgebäude wird der Park-Rasen als intensive Dachbegrünung unmerklich „durchlaufen“. Neuansaaten sind als arten- und blütenreicher, schattenverträglicher Landschaftsrasen vorgesehen. Die Dachfläche des Neubaus wird als artenreicher Magerrasen angelegt und kompensiert hierdurch einen großen Teil der durch das Gebäude bedingten Versiegelung. Der umlaufende Traufstreifen unter dem Vordach des Neubaus wird aus Rollkies geschüttet – mit Ausnahme der Wegeverbindung zwischen NW-Erschließung und Vorplatz sowie des mit Platten belegten Bereiches an der Saalbühne, wo eine Bespielung zum Außenraum hin

    möglich wird. Hier sind im Parkrasen monolithische Sitz-Elemente eingebaut, die von Zuschauern oder Parkbesuchern genutzt werden können.

     

    Nachhaltigkeit & Wirtschaftlichkeit

    Der vollständige Erhalt der bestehenden Kellerflächen reduziert den Verlust aufgewendeter grauer Energie bei der Erstellung. Das Gebäude erhält ein Holztragwerk der Wände mit Holzfassade sowie ein Dachtragwerk als ungerichteten Trägerrost aus Baubuche zur Minimierung der Konstruktionshöhe. Holz als Hauptbaustoff für Tragwerk und Ausbau verbessert die gute CO2-Bilanz des Projektes. Die natürliche Materialität fügt sich subtil in den von altem Baumbestand geprägten Park ein. Die Dachauskragung sorgt für eine natürliche Verschattung und Witterungsschutz der Fassade. Zudem wird der überdachte Bereich für die Unterbringung der Fahrradstellplätze mitgenutzt. Der kompakte Baukörper lässt in Verbindung mit einer hochwärmedämmenden Gebäudehülle, PV-Anlage, Batteriespeicher, Wärmepumpe und Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung eine wirtschaftliche und zukunftssichere Energieversorgung erwarten.

    Im Freiraum werden möglichst regionale, recycelte bzw. recyclingfähige Materialien verwendet, die ein Minimum an grauer Energie enthalten, z.B. Naturstein alpiner Herkunft oder bayerischer Granit, Kies bzw. Riesel aus der Region, Recycling-Stahl und Lärchenholz aus alpinen Herkünften.

    Die geplante Winter-Linde gilt als klimawandelresilient und ist insektenfreundlich. Die robuste, artenreiche Stauden-Gräser-Mischpflanzung ist pflegereduziert, langlebig und fördert die Biodiversität – ebenso der arten- und blütenreiche, naturnahe Landschaftsrasen und das grüne Magerrasen-Dach. Gründach, Rückbau überflüssiger Belagsflächen, offene Fugen und wassergebundene Wegedecken reduzieren den Versiegelungsgrad, fördern den Niederschlagsrückhalt und die dezentrale Versickerung.

    Bild zum Projekt Wettbewerb Neubau Dietrich-Bonhoeffer-Haus Memmingen
    Bild zum Projekt Wettbewerb Neubau Dietrich-Bonhoeffer-Haus Memmingen
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