Nichtoffener Städtebaulicher Realisierungswettbewerb

    Auftraggeber:

    Stadt Kempten

    Wettbewerb:

    Nichtoffener Städtebaulicher Realisierungswettbewerb (RPW)

     

    Bearbeitung in Arbeitsgemeinschaft mit

    Kling Consult Planungs- und Ingenieurgesellschaft für Bauwesen mbH, Krumbach

    Leitlinien der städtebaulichen Konzeption

    Mit der vorgeschlagenen Siedlungsstruktur werden folgende übergeordnete Ziele verfolgt:

    Der Halde-Buckel bleibt aus der Ferne als Hügelrücken ablesbar. Prägende Natur- und Stadträume werden mit der Bebauungsstruktur verwoben. Nahe und ferne Landschaftsräume sind aus dem neuen Quartier heraus erlebbar. Mit jedem Realisierungsabschnitt entsteht ein schlüssiges Siedlungsbild. Das wirtschaftliche Erschließungskonzept bietet einfache Orientierung durch eine erkennbare Hierarchie.

    Ein zentraler Sammelstraßen-Ring erschließt alle Entwicklungsabschnitte. Die Fassung dieses Straßenraumes ist ein wesentlicher Aspekt der städtebaulichen Raumbildung. Entlang und zwischen den Sammelstraßen werden dreigeschossige Ketten- und Reihenhäuser sowie Geschosswohnungsbauten angeordnet. Nach außen, zum Siedlungsrand hin, nimmt die bauliche Dichte ab, von verdichteten Einfamilienhausstrukturen zu lockerer gesetzten Einfamilienhäusern.

     

    Raumbildung und abschnittsweise Entwicklung

    Entwicklungsabschnitt_1
    Die Erweiterung der Siedlung an der Halde sieht im ersten Realisierungsabschnitt mit 52 Wohneinheiten die Arrondierung einer Zone zwischen dem Schwabelsberger Weg und dem Gehöft im Norden vor. Die bestehende städtebauliche Zäsur wird durch Erweiterung der vorhandenen Baustruktur mit Reihen- und Einfamilienhäusern entlang der Höhenlinien aufgehoben. Der Aussichtspunkt am Höhenzug und Endpunkt des Schwabelsberger Weges wird von Bebauung freigehalten. An dieser Schnittstelle aus Naturraumbezug und Bebauung wird das Multifunktionsgebäude vorgeschlagen, dessen Freiflächen sich als Fortsetzung von der Sammelstraße bis hin zum Aussichtspunkt erstrecken und somit zu einer vielfältigen Belegung und Belebung der öffentlichen Freiflächenangebotes beitragen.

    Entwicklungsabschnitt_2
    Der zweite Realisierungsabschnitt bildet den städtebaulichen Abschluss der Halde-Siedlung. Im zentralen Bereich zwischen den beiden Sammelstraßen entwickelt sich eine Struktur von frei in die Topografie komponierten Geschosswohnungsbauten, die in den Freiräumen ein hohes Maß an halböffentlicher Aufenthaltsqualität für die Bewohner bieten. Gute Belichtung und der Ausblick über das Iller-Tal in den Alpenrau, kennzeichnen die Wohnungsqualitäten. Die Reihen-, Ketten und Einfamilienhausbebauung öffnet sich nach Osten und Westen. Die Fernbezüge bleiben vom Höhenzug aus in Richtung Illerraum und Mariaberg erhalten.
    Die Einfamilienhausbereiche öffnen sich zum Naturraum hin und schaffen durch die Bildung von Hausgruppen im Wechsel mit Ketten- und Reihenhausstrukturen identifizierbare Nachbarschaften, mit differenzierter Ausbildung von halböffentlichen und privaten Freiflächen.

    Entwicklungsabschnitt_3
    Im dritten und vierten Realisierungsabschnitt wird ein eigenes Siedlungsquartier nördlich der Gemeindeverbindungsstraße gebildet, das in seiner Struktur Bezug auf die umliegenden Weiler nimmt.
    Die Trassenführung der Sammelstraße ermöglicht einen Fernblick entlang des Straßenraums nach Süd-Ost über die Stadt hinaus. Straßen begleitend werden nach Westen Geschosswohnungsbauten mit süd-westlicher Orientierung angeordnet. Richtung Osten verweben sich die Ketten-, Reihen- und Einfamilienhäuser mit der heterogenen Einfamilienhausbebauung am Neuhauser Weg.

    Entwicklungsabschnitt_4
    Im vierten Realisierungsabschnitt werden obere und untere Sammelstraße zu einem Ring geschlossen. Im zentralen Bereich gruppieren sich dreigeschossig gestaffelte Ketten- und Reihenhäuser in den Hang, die teilweise geschossversetzt von Westen und Osten erschlossen werden und in den östlichen Geschosswohnungsbauten ihre räumliche Fassung finden. Geordnete Reihen-, Ketten- und Einfamilienhäuser münden in als Hausgruppen angelegten offenen Einfamilienhausstrukturen, die sich mit dem Hochwald am Bleicher Bach verweben.

     

    Ausbaustufe Gemeindeverbindungsstraße

    In einer letzten Ausbaustufe kann der Anschluss an die Heiligkreuzer Straße mit den resultierenden Lärmschutz-Maßnahmen entlang der Gemeindeverbindungsstraße umgesetzt werden. 

    Im Wettbewerbsgebiet entstehen mit der vorgeschlagenen Baustruktur durchmischte Wohnquartiere mit hoher Wohnqualität, deren Quartiersstruktur die Ausbildung von Nachbarschaften fördert und zur Identifikation mit ihrem neuen Wohnort beiträgt. Die Bebauungsstruktur ist dahingehend angelegt, dass auch die Umwidmung der Wohnungen und Häuser für wechselnde Altersschichten möglich ist.
     

    Verkehr und Erschließung

    Durch das hierarchische System aus Gemeindeverbindungsstraße, Sammelstraße und Wohnstraßen werden die Quartiere gegliedert und die Orientierung gewährleistet. Die Verringerung der Verkehrsflächen auf ein Mindestmaß und die klare Straßenführung tragen zu einer wirtschaftlichen Erschließung bei und folgen dem Gebot eines sparsamen Umgangs mit Grund und Boden. Die Straßen sind für Sonderfahrzeuge uneingeschränkt nutzbar. Auf flächenintensive Wendeanlagen wird bewusst verzichtet.

    Die Gemeindeverbindungsstraße ist so konzipiert, dass sie eine maximale Steigung von 8 % (Bereich Gehöft) aufweist. Nur im Bereich der Anschlussäste zur Sammelstraße wird die Straße bis zu 2 m ins Gelände eingeschnitten, ansonsten verläuft sie auf dem Bestandsgelände. Alle anderen Erschließungsstraßen und Wege weisen eine Neigung bis max. 6 % auf.

    Der Ausbaustandard der Straßen orientiert sich an der RaSt 2006. Die Sammelstraßen können als Tempo 30-Zonen deklariert werden. Die Wohnstraßen sind als Spielstraßen konzipiert. Durch den Verzicht auf die funktionale Trennung von Kraftfahrzeugen, Radfahrer und Fußgänger, sind diese Flächen offen für sich ändernde Nutzungsanforderungen und als Gemeinschaftsflächen vielfältig zu nutzen.

    Der Schwabelsberger Weg wird als reine Anliegerstraße auf eine Breite von 6,0 m zurückgebaut. Zwischen der Dreherstraße und dem Oberen Haldenweg wird die Straße unterbrochen und zum Fuß- und Radweg.

    Das bestehende Fuß- und Radwegesystem wird im Plangebiet fortgeführt, so dass eine Durchlässigkeit aller Quartiere entsteht und die unterschiedlichen Ziele auf kurzem Wege erreicht werden können. Besonders reizvoll ist dabei die Fortführung des Höhenweges als beliebter Spazierweg, der sich wie ein „Band“ durch die neuen Wohnquartiere bis Neuhausen zieht. Mobilitätseingeschränkte Personen können die barrierefreien Wege mit meist max. 6 % Steigung gefahrlos benutzen. Steilbereiche > 6% Steigung können jeweils mit barrierefreien Lösungen umgangen werden.

     

    ÖPNV-Anbindung

    An zentralen Stellen im Quartier werden entlang der Sammelstraße Bushaltestellen vorgeschlagen, die in kurzer fußläufiger Entfernung von den neuen Wohnquartieren zu erreichen sind und zudem sichere Aufenthaltsqualität bieten. Am Multifunktionsgebäude und dem nördlichen Abschluss der Sammelstraße werden car-sharing-points bzw. Sammelpunkte für Anrufsammeltaxis eingerichtet.

      

    energetische Versorgung

    Die im Städtebau-Konzept angelegte Gebäudeausrichtung ermöglicht die optimale Belichtung und Besonnung der Baukörper. Neben der passiven Nutzung der Sonnenenergie sieht das Energiekonzept vor 60% der zur Verfügung stehenden Dachflächen in aktiver Form für PV-Anlagen zu nutzen.
    Für die quartiersbezogene Nahwärmeversorgung werden in den beiden ersten Realisierungsabschnitten Holzvergaser-BHKWs mit Kraftwärmekopplung vorgeschlagen. Für die weiteren Realisierungsabschnitte wird ein zentraler, abschnittsweise erweiterbarer Standort vorgesehen.

    Als energetischer Wohngebäudestandard wird das sog. Ultraniedrigenergiehaus zugrunde gelegt, mit einem jährlichen Heizwärmebedarf von 30 kWh/m²a. Im Zusammenwirken mit der hoch effizienten, zentralen Energieerzeugung ergibt sich die relative Einsparung gegenüber konventioneller Energieversorgung von 92%.

     

    Schallschutzkonzept

    Es wird ein angepasstes Schallschutzkonzept vorgeschlagen: Die anzustrebenden schalltechnischen Orientierungswerte der DIN 18 005 von 50 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts für „Reine Wohngebiete“ können im Endausbauzustand überwiegend eingehalten werden. Entlang der Gemeindeverbindungsstraße ergeben sich an den Wohngebäuden der ersten Häuserzeile beidseits zur Nachtzeit Überschreitungen der Orientierungswerte für „Reine Wohngebiete“. Die Grenzwerte der 16. BImSchV für „Reine Wohngebiete“ von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts werden jedoch eingehalten. Dies gilt selbst für das dritte Geschoss der Geschosswohnungsbauten auf der Südseite der Gemeinde-verbindungsstraße. Die Neubauten wurden bei den Isophonenkarten nicht als abschirmendes Hindernis mitgerechnet, so dass sich die schalltechnische Situation in Realität noch verbessern wird.

    Im Endausbauzustand sind aktive Schallschutzeinrichtungen in Form von absorbierenden Lärmschutzwänden bzw. Wall-/Wand-Kombinationen in einer maximalen Höhe von 3,0 m über bestehendem Gelände vorgesehen. Dabei werden die aktiven Schallschutzeinrichtungen möglichst nahe an der Straße angeordnet, um deren schalltechnische Wirksamkeit zu optimieren, ohne dabei den Charakter einer „Schnellfahrstraße“ zu erzeugen. Der Geh- und Radweg läuft hinter den Schallschutzeinrichtungen, so dass auch eine attraktive Wegeführung abseits der Straße erreicht wird. Hierdurch ist eine zurückhaltende Gestaltung und bessere Einfügung der aktiven Lärmschutzeinrichtungen gewährleistet.

    Um qualitätvolle Zwischenlösungen zu erzielen, sind die verkehrsbegleitenden Grünflächen bis zum Endausbau ohne Schallschutzeinrichtungen als extensive Grünflächen nutzbar. Die Schallschutzeinrichtungen werden zu einem späteren Zeitpunkt ohne größere Eingriffe in den Bestand errichtet.

     

    Entwässerungskonzept und Regenwassermanagement

    Da eine Niederschlagswasserversickerung im Plangebiet nicht möglich ist, wird ein System mit verzögerter Ableitung, Zwischenspeicherung (Retention) und Einleitung in die Vorflut vorgeschlagen. Überschusswasser wird dem Regenwasserkanal-Anschluss in der Tobias-Dannheimer-Straße zugeführt. Die Regenwasser-hauptsammler im Plangebiet befinden sich im Neuhauser Weg und im neuen Geh- und Radweg auf der Südseite der Gemeindeverbindungsstraße.

    Für den 1. und 2. Entwicklungsabschnitt werden entlang der Südseite der Gemeindeverbindungsstraße, parallel zum Geh- und Radweg, naturnah gestaltete Retentionsmulden mit Anschluss an das offene Mulden-Rigolen-System am Fußpunkt des Walls angelegt. Das Mulden-Rigolen-System mündet in das Regenüberlaufbecken unterhalb des Schwabelsberger Weges. Der am Neuhauser Weg gelegene Teich wird erweitert und mit der benachbarten Streuobstwiese zum einem gemeinsamen Biotop verbunden. Die Quelle wird gefasst und der Zulauf zum Teich erhält eine neue Führung. Im Norden des Plangebietes unmittelbar vor dem Bleicher Bach liegen weitere Retentionsteiche die das Niederschlagswasser vor Einleitung in den Bach filtern und zurückhalten. Parallel zum Höhenweg wird im öffentlichen Grünstreifen eine Rohr-Rigole für die Ableitung des Niederschlagswassers der am Rande liegenden Einfamilienhäuser mit Anschluss an den Blaicher Bach angelegt.

    Das auf öffentlichen Straßenverkehrsflächen anfallende Niederschlagswasser wird unter der Fahrbahn in einem speziellen Tragschichtspeicher-System zwischengespeichert und verzögert an den Regenwasserkanal abgegeben.

      

    Grünordnung und Freiflächenkonzept

    Die bestehenden prägenden Landschaftselemente werden erhalten und akzentuiert im Plangebiet fortgeführt. Hierzu zählen der Bleicher Bach mit seinen Grünbestand, der Höhenweg auf dem „Haldebuckel“, der Teich und die geschützten Einzelbäume.

    Im Bereich Der Streuobstwiese wird ein landschaftsgebundener Kinderspielplatz für die Altersgruppen ab 6 Jahre vorgeschlagen. Im Plangebiet sind insgesamt drei dezentrale Kinderspielplätze innerhalb von öffentlichen Grünflächen vorgesehen, so dass die Kinder in jedem Entwicklungsabschnitt ausreichend, wohnortnahe Spielmöglichkeiten vorfinden. Die öffentlichen Grünflächen beidseits der GvStr. werden locker mit Bäumen überstellt. Hier werden zu einem späteren Zeitpunkt die aktiven Schallschutzeinrichtungen errichtet. Auf der Nordseite erhält die GvStr. zur Betonung der Verkehrsführung in der Außenkurve eine durchgehende Baumreihe. Die bestehenden Ausgleichsflächen am Bleicher Bach Richtung Neuhausen werden zu Gunsten einer wirtschaftlichen Ausnutzung des Baugebietes verkleinert. Sie entlang des Bleicher Bachs und im Bereich des Teichs ersatzweise neu geschaffen werden.

    Die Flächen für den ruhenden Verkehr sind als teilversiegelte Flächen angelegt. Die öffentlichen Grünflächen, mit Ausnahme der Grünstreifen entlang der Sammelstraße, sind als extensive Grünflächen vorgesehen.

    Bild zum Projekt Wettbewerb Wohnen auf der Halde-Nord in Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Wohnen auf der Halde-Nord in Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Wohnen auf der Halde-Nord in Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Wohnen auf der Halde-Nord in Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Wohnen auf der Halde-Nord in Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Wohnen auf der Halde-Nord in Kempten