Stadtquartier mit urbaner Nutzungsmischung, Nicht offener 2-phasiger städtebaulicher Ideen- und Realisierungswettbewerb nach RPW 2013, 2. Preis (1. Preis wurde nicht vergeben)

    Auftraggeber:

    Sozialbau Kempten Wohnungs- und Städtebau GmbH, Kempten

    Wettbewerb:

    Nicht offener 2-phasiger städtebaulicher Ideen- und Realisierungswettbewerb nach RPW 2013, 2. Preis (keinen 1. Preis)

    Projektbeteiligte:

    ARGE mit Baumschlager Eberle Architekten, Lustenau

     

    Landschaftsarchitekt:

    Planstatt Senner, Überlingen

    Übergeordnete städtebauliche Strategie

     

    Ausbildung eines urbanen Gegenpols auf der Westseite der Iller

    Die Nachverdichtung von Städten wird zunehmend wichtiger und wird gleichzeitig zu einer Herausforderung. Neben der Schaffung von Wohnraum ist auch für einen erhöhten Bedarf an lokaler Infrastruktur und Naherholung Vorsorge zu treffen. Die höchste Hürde ist jedoch der Umgang mit dem MIV, der bei steigender Bevölkerungszahl und Verdichtung eine immer höhere Herausforderung wird. Basis für diesen Städtebaulichen Entwurf ist daher der Ansatz, Städte zukünftig nicht mehr auf den Radius des Autos, sondern vielmehr auf den Radius des Rades und des Menschen auszulegen, lokale Stadtzentren zu stärken und Fuß- und Radverbindungen zu verdichten und zu verbessern. Um bei steigender Bevölkerungszahl den Druck auf das bestehende Zentrum von Kempten zu reduzieren, wird das Quartier an der Leonhardstraße zukünftig zu einem urbanen Gegenpol auf der Westseite der Iller, der den angrenzenden, derzeitig peripheren Wohngebieten ein lokales, urbanes Zentrum mit Angeboten das Alltäglichen Bedarfs bietet.

     

    Fehlende Wegeverbindungen stärken

    Einstig durch das Saurer-Allma-Areal abgetrennt, wird das neue Quartier an der Leonhardstraße nun für die Bevölkerung geöffnet. Dafür werden zwei neue Nord-Süd-Achsen durch das Quartier gezogen, die Radfahrern und Fußgängern von Süden und Osten kommend einen kurzen Weg in den Engelhaldepark ermöglichen sollen. Gefährliche und unattraktive Wege entlang des Schumacherrings können so gemieden werden und das Quartier und seine Geschäfte werden durch den Transit automatisch belebt. Ein Grüner Loop, der sich vom Engelhaldepark durch das Zentrum des Quartiers zieht, bietet zudem öffentliche Freiflächen zum Verweilen, Flanieren und Kommunizieren.

     

    Die Leonhardstraße als Shared-Space und Boulevard

    Die Leonhardstraße lässt mit vereinzelt verorteter Infrastruktur wie einem Lebensmittelladen und einem Restaurant ihr Potenzial bisher nur erahnen. Diesen Ansatz möchten wir verstärken und auf voller Länge des Quartiers in Form eines großzügigen Boulevards und Shared-Space ausbauen. Beidseitig soll begrünt und verdichtet werden. Die oberirdischen Parkplätze werden in die Tiefgarage verlegt und so Platz für Geschäfte, Cafés und Restaurants geschaffen. Als Shared-Space wird die Leonhardstraße nur noch mit Langsamverkehr durchzogen und durch die Belebung als Schleichweg für den MIV unattraktiv. Verbessert werden soll die Straße vor allem für Fahrradfahrer, die von Osten kommend, in der Leonhardstraße eine ideale Verkehrsachse finden, um auf kurzem Weg über die Iller ins Zentrum von Kempten zu gelangen.

     

    Kriterien für lebenswerte städtische Dichte

    Was ist lebenswerte städtische Dichte? Und was bedeutet dies für uns? Anhand von sechs Maßnahmen möchten wir erläutern, auf welcher Basis das städtebauliche Konzept für das Quartier an der Leonhardstraße basiert:

    Zonierung - Privat vs. Öffentlich Die Zonierung des städtischen Gefüges ist ein Mittel, dass man in vielen Altstädten in Europa analysieren kann. Dabei sind häufig hofartige Gefüge zu erkennen, die sich auf der einen Seite zum öffentlichen Raum orientieren, auf der anderen Seite einen privaten, geschützten Hof bilden. Das Bilden von Wohnhöfen dient der Identitätsstiftung und der Zugehörigkeitsbildung gleichermaßen, sowie der natürlichen Abkehr vom Trubel im öffentlichen Raum. Die physisch definierte Form stärkt den Zusammenhalt einer individuellen Gruppe – seiner Bewohner - Außenbereiche werden gemeinsam genutzt, gepflegt und belebt. Es entsteht eine Gemeinschaft.

    Form, Volumetrie und Fassadengestaltung – Identitätsbildung Menschen sind unterschiedlich, haben unterschiedliche Bedürfnisse und benötigen unterschiedliche Wohnformen. Diese Diversität soll sich im Leonhardquartier widerspiegeln. Eine Differenzierung in Form, Volumetrie und Fassadengestaltung bringen aber nicht nur Diversität in ein Quartier, sondern ermöglichen zudem einzelnen Bewohnern sich mit dem Ort zu identifizieren. Eine abwechslungsreiche Fassadengestaltung und eine differenzierte Formgebung ist für uns daher ein Muss.

    Langlebigkeit – Flexibilität Das Leben ist einem konstanten Wandel unterworfen, der Städte, Gemeinden oder Nachbarschaften einer stetigen Notwendigkeit der Anpassung unterwirft. Gleichzeitig sind gebaute Gebäude eine statische Konstante, die im Sinne der Nachhaltigkeit eine lange Lebensdauer haben sollten und den Stadtraum prägen. Die gebaute Form sollte daher diesem Wandel standhalten und benötigt im Inneren eine flexiblere Struktur, die eine maximale Nutzungsflexibilität ermöglicht. Im Sinne der Nachhaltigkeit und im Sinne der gelebten Stadt.

    Rhythmus - Maßstab Mensch Der Mensch als Bewohner von Städten sollte bei der Planung immer im Mittelpunkt stehen, denn die Stadt ist sein Lebensraum. Lange war das Auto maßgeblich prägendes Element bei der Planung von Städten. Zukünftig sollten sich Städte wieder am Menschen orientieren, fußläufige Radien berücksichtigen und auf dessen Gewohnheiten und Verhalten reagieren. Höhenentwicklungen und Fassadenlängen werden dem Menschen wieder angepasst. Das Ergebnis ist eine reichhaltige, lebenswerte Stadt. Die Einflechtung von gewerblichen Nutzungen, Infrastruktur des alltäglichen Bedarfs, Cafés, Restaurants oder Co-Working-Spaces haben an diesem Konzept einen wesentlichen Anteil.

    Eine starke Gemeinschaft – Außenräume Eine Vielzahl an qualitativ hochwertigen Außenräumen soll Bewohner dazu animieren mehr Zeit im Freien zu verbringen, sich mit seinem Umfeld zu vernetzen und eine aktiv gelebte Nachbarschaft zu gestalten. Gerade in Zeiten wie diesen wird deutlich, wie wichtig ausreichend qualitativ hochwertige Außenräume für uns sind. Hier können sich Menschen treffen, austauschen und kennenlernen.

    Microklima Ein angenehmes Microklima ist die Basis für Behaglichkeit. Eine intakte Natur ist für uns als Menschen unerlässlich. Eine reichhaltige Biodiversität ist dabei ebenso wichtig wie eine günstige städtebaulich Volumetrie, die für eine ausreichende Durchlüftung und Belichtung sorgt. Das Microklima wird von einer Vielzahl an Einflussfaktoren bestimmt und sollte in ein ganzheitliches Konzept integriert werden. Die Themen Licht, Luft, Pflanzen, Tiere und Wasser spielen dabei eine wesentliche Rolle und sollten mit der Architektur eine Symbiose eingehen.

     

    Herleitung der städtebaulichen Struktur

    Das Pförtnerhaus bildet mit seinem runden Kopf den Auftakt zum Leonhardquartier und wird zu einem gestaltenden Element im Straßenbild. 6 Höfe werden daneben platziert und bilden zwischen Pförtnerhaus und Wertstoffhof die städtebauliche Leitfigur des neuen Leonhardquartiers. Die Leonhardstraße – als neuer Boulevard und Shared-Space – wird hier zu einer Kommunikationszone. Die 6 Hofbauten werden zum Ruhepol und bieten Geschützen Raum für diverse Wohnnutzungen.

    Allein mit 6 Höfen ist es jedoch nicht getan. In einer gelungenen Stadtstruktur werden Funktionen des öffentlichen Interesses an den wichtigsten Plätzen platziert. Früher die „Kirche und das Rathaus“ werden heute Funktionen der Gemeinschaft an den Plätzen platziert, die diese Funktionen in unserer modernen Zeit sinnbildlich übernehmen. Dafür werden zwei Sondertypologien zur Blockstruktur hinzugefügt, die den Kopf der zwei neuen urbanen Plätze bilden. Durch das Absetzten von Volumen und Typologien werden die Gebäude sofort ersichtlich. Die Plätze nehmen dabei weine wesentliche Funktion für das Quartier ein.

    Die Durchwegung des Quartiers gen Norden in den Engelhaldepark ist städtebaulich für uns ein wichtiges Element. Es ermöglicht nicht nur Anwohnern kurze Wege ins Grün, sondern dient auch übergeordnet als kurzer Weg in den Park. Vor allem für Fahrradfahrer, die von Osten kommen. Von der Leonhardstraße kommend werden diese Nord-Süd-Achsen zunächst städtisch fortgeführt und mit harten Belägen versehen. Ab dem Zentrum des Quartiers - dem Grünen Loop - verwandeln sich die Achsen in Naturräume. Bäche und Wege fangen an zu mäandern und die Annäherung zum Engelhaldepark wird durch die Vegetation deutlich spürbar.

    Die übergeordnete Verbindung der Grünräume hat im Leonhardquartier eine wesentliche Bedeutung. Um die Nähe zum Grün auch im Quartier spürbar zu machen, wird ein Grünzug in das Quartier gezogen, der im Zentrum eine Parkanlage bildet. Er dient als Verteiler für Fuß und Radfahrer, sowie der Naherholung der Anwohner. Hier werden Spielflächen für Klein und Groß verortet. Diese Gemeinschaftsbereiche werden so nicht nur Treffpunkt für Menschen aus Kempten, sondern geben den Bewohnern des Quartiers zudem einen Kommunikationsort, der die Grenzen der privaten Höfe übersteigt.

    Die präzise Körnung ist das letzte Element, dass das Leonhardquartier final abrundet. Die geschlossenen Höfe werden an einzelnen Stellen geöffnet - egal ob als Durchfahrt, oder nur als Fuge. Gleichzeitig werden die Gebäude gezielt an einzelnen Ecken gestaucht oder gestreckt, um eine Dynamik in die Fassaden zu bekommen. Differenzierte Haustypologien werden genutzt, um die Fassaden optisch in der Länge zu unterbrechen. Brandwände trennen die zukünftigen Einheiten. So bildet sich ein lebendiges Ensemble aus einer Vielzahl an Typologien.

     

    Bautypologien und Bauetappen

    Diversität in Form und Fassade ist ein übergeordnetes Ziel in diesem Städtebau – gleichzeitig sollen aber auch Vereinheitlichungen stattfinden, die den Bau kostengünstig und effizient gestalten. Es wird daher exemplarisch ein Hof in unterschiedliche Baufelder und Haustypologien eingeteilt. Dies Vorgehensweise kann dann in allen Höfen vervielfältigt werden.

    A Punkthaus Das Punkthaus ist eine Typologie, die aufgrund ihrer Gebäudelänge als einheitlicher Baukörper ausgebildet werden sollte. Die Grundrisse werden in einer Tragstruktur konzipiert, die eine flexible Grundrissgestaltung und diverse Nutzungsmöglichkeiten ermöglicht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf unterschiedliche Anforderungen in der Wohnnutzung.

    B Zeilenbaukörper Der Zeilenbaukörper ist eine Typologie, der aufgrund seiner Fassadenlänge mit zwei unterschiedlichen Fassadenthemen belegt werden sollte. Die Grundrisse werden in einer Tragstruktur konzipiert, die eine flexible Grundrissgestaltung und diverse Nutzungsmöglichkeiten ermöglicht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf unterschiedliche Anforderungen in der Wohnnutzung.

    C Eckhaus Typ 1 Das Eckhaus Typ 1 ist eine Typologie, die aufgrund ihrer Fassadenlänge mit zwei unterschiedlichen Fassadenthemen belegt werden sollte. Die Grundrisse werden in einer Tragstruktur konzipiert, die eine flexible Grundrissgestaltung und diverse Nutzungsmöglichkeiten ermöglicht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf unterschiedlichen Anforderungen in der Wohnnutzung.

    D Eckhaus Typ 2 Das Eckhaus Typ 2 ist eine Typologie, die aufgrund ihrer Fassadenlänge mit zwei unterschiedlichen Fassadenthemen belegt werden sollte. Die Grundrisse werden in einer Tragstruktur konzipiert, die eine flexible Grundrissgestaltung und diverse Nutzungsmöglichkeiten ermöglicht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf unterschiedlichen Anforderungen in der Wohnnutzung.

    E Sonderbaukörper Die Sonderbaukörper nehmen vorwiegend öffentliche Funktionen auf, die die Gemeinschaft stärken. So befinden sich im Sonderbaukörper der Kindergarten, die Mini-Kitas, der Supermarkt, Multifunktionsräume, Co-Working-Spaces, Cafés, Restaurants, Geschäfte des alltäglichen Bedarfs oder Gewerbeeinheiten.

    Bauetappen In der ersten Bauetappe werden alle Bestandgebäude bis auf das Pförtnerhaus, den Wertstoffhof und das bestehende Gebäude der Fachhochschule samt angrenzender Halle abgerissen. Somit wird viel Platz freigemacht um das neue Leonhardquartier flächendeckend umzusetzen. Die bestehenden Gebäude ergänzen das Konzept und können temporär oder dauerhaft erhalten bleiben, ohne zu stören. Ziel ist es jedoch auf Dauer auch dieses Volumen zu ersetzen. Es können in zwei voneinander unterschiedlichen Etappen der Wertstoffhof und das alte Gebäude der Fachhochschule ersetzt werden, um das Leonhardquartier final fertig zu stellen.

     

    Nutzungsverteilung und Infrastruktur

    Im aktuellen Diskurs ist eines der prägenden Themen das Thema leistbares Wohnen. Dabei werden die bestehenden Raumprogramme auf einen mehr oder weniger standardisierten Geschosswohnungsbau mit 2-4 Zimmer Wohnungen ausgelegt. Es ist richtig, dass das Thema leistbares Wohnen bei stetig steigenden Grund- und Mietpreisen ein wichtiges Thema ist. Gleichzeitig möchten wir darauf hinweisen, dass das Thema Leistbarkeit für alle sozialen Schichten wichtig ist. Wir benötigen leistbares und adäquates Wohnen für Junge Menschen, kinderlose Paare, Familien, unsere Ältesten und unsere Sozial- und Einkommensschwachen. Ein Angebot an flexiblen Grundrissen in jedem Baukörper gibt Raum den unterschiedlichen Nutzungsbedürfnissen gerecht zu werden, so dass die diversen Wohntypologien in den einzelnen Gebäuden auf unterschiedlichen Ebenen integriert werden können. Ziel ist es, eine gelebte Durchmischung entstehen zu lassen. Die zur Durchmischung vorgeschlagenen Wohnformen sind:

    Junges Wohnen Das Junge Wohnen konzentriert sich auf Wohnraum für Junge Menschen und Studenten, die einen hohen Wert auf Gemeinschaft legen. Im Fokus der Gebäudetypologie stehen 1-Zimmer-Appartements und gemeinschaftlich genutzte Aufenthaltsbereiche und Dachterrassen. In dieser Wohnform geht es um Kommunikation und Austausch unter jungen Menschen.

    Paare Eine auf Paare ausgelegte Wohntypologie beinhaltet vor allem Wohnungen mit 2-3-Zimmer Appartements, die auf eine Bewohnerschicht von 2 Personen ausgelegt sind. Die Wohnungen verfügen über private Außenbereiche in Form von Terrassen oder Balkonen.

    Familien Familien brauchen Platz und Freiräume. Wohnformen für Familien sind daher Haustypologien, die in Form von Maisonettes mehrere Stöcke verbinden und den Wohnraum so erweitern. Die Zimmeranzahl basiert dabei hauptsächlich auf 4-5 Zimmer-Einheiten.  Sie verfügen entweder über einen erdgeschossigen Garten oder eine private Dachterrasse, auf der die Kinder spielen und toben können.

    70+ Das Pflegeheim ist eine Möglichkeit der Betreuung für alte Menschen. Immer mehr Ältere wünschen sich jedoch Wohnformen, in denen Sie sich selbständig fühlen, gleichzeitig aber auch auf eine Gemeinschaft und eine externe Betreuung zurückgreifen können. Die Wohnform 70+ beinhaltet so 1-3 Zimmer-Wohnungen für nicht mehr ganz selbstständige ältere Paare oder Singles. Es gibt im Erdgeschoss ein Café oder Restaurant, dass bei Bedarf Essen liefern kann und eine soziale Einrichtung die individuelle Hilfestellung leisten kann. Gemeinschaftsräume werden vorwiegend im EG platziert und ermöglichen älteren Bewohnern den Austausch mit der Gemeinschaft.

    Leistbares Wohnen Das leistbare Wohnen beinhaltet 1-4 Zimmer-Wohnungen, die in ihrer Ausführung kompakt gehalten werden, im Standard aber nicht minderwertig sind. Sie sollen finanziell eingeschränkten Haushalten über die sehr effiziente Raumnutzung günstiger vermietet werden können, dabei aber nicht billig wirken. Die privaten Außenräume sind kleiner, aber dennoch vorhanden.

    Exklusives Wohnen Auch der Wunsch nach exklusiverem Wohnen kann in diesem Gefüge einen Platz finden. Diese Typologie beinhaltet Loft-artiges, großzügiges Wohnen von 2-4 Zimmern. Im Sinne der sozialen Durchmischung sehen wir einen Vorteil einen Ort zu entwickeln, der alle Bevölkerungsschichten in einem Hof vereint. Auch wenn die Haushalte über verschiedene Wohnformen getrennt sind, verbindet sie alle der gemeinsame Innenhof und die im Quartier platzierten Einrichtungen des alltäglichen Bedarfs.

     

    Höhenentwicklung und Schallschutz

    Durch den stark befahrenen Schumacherring im Osten des Leonhardquartiers, sowie durch den bestehenden Wertstoffhof ergeben sich in direkter Umgebung hohe Lärmimmissionen im Quartier. Wir reagieren darauf auf zweierlei Ebenen. Zum Schumacherring werden die neuen Volumen weitestgehend in geschlossener Bauweise angeordnet, um so einen Lärmfilter zum Quartier aufzubauen. Im Inneren des Quartiers fungiert der Hof als Lärmfilter und trennt gleichzeitig den privaten vom öffentlichen Raum. Um auf die besonderen Blickbezüge in die Umgebung und auf die Alpen einzugehen, werden die Gebäude nach Norden hin leicht erhöht. So ergeben sich Gebäudehöhen zwischen drei und sechs Stockwerken. Durch die Platzierung der höheren Gebäude zum Engelhaldepark hin ergeben sich nicht nur spektakuläre Blickbezüge für die Wohnungen, auch finden hier keine Beeinträchtigungen der umgebenden Nachbarschaft durch eine Erhöhung der Geschossigkeit statt.

     

    Mobilitätskonzept

     

    E-Bike und Car-Sharing-Konzept – Öffentlicher Nahverkehr

    Den Mensch als Maßstab, neue Wege und Gewohnheiten, achtsamer Umgang mit der Umwelt, die Suche nach Gemeinschaft – dies entspricht bereits heute dem Mindset vieler Menschen. Dem Fuß- und Radverkehr wird daher im Quartier Priorität gegeben, weil er entscheidend zum Gelingen eines sozialen Miteinanders und der Klima-Strategie beiträgt.

    Das Fahrrad erscheint heute in vielen Formen und hat seine Bedeutung längst auf viele Bereiche des Lebens ausgedehnt: Pendeln, Sport, Transportieren, Liefern, etc. Es gibt Lastenbikes, E-Bikes, diverse Anhänger, E-Cargobikes, Velomobile und vieles mehr. Dieser Fahrrad-Vielfalt wird das Quartier gerecht. Statt Fahrradkellern gibt es zentral in jedem Haus erdgeschossige Fahrrad-Lobbys. Moderne Fahrradräume also, die auch als informelle Treffpunkte dem Austausch der Hausgemeinschaft dienen. Zusätzlich werden private und öffentliche überdachte Stellplätze für Fahrräder vorgesehen, die so bemessen werden, dass auch besondere Radformen wie Lastenräder Platz finden. Um die Flexibilität der Bewohner zu stärken, sehen wir vier E-Bike Verleih Hubs vor, an denen die Bewohner sich schnell und flexibel mit der Art von Rad ausstatten können, die sie kurzzeitig brauchen und nicht selbst anschaffen wollen.

    Wenn das Rad nicht ausreicht oder Alter und Gesundheit das Radeln im Alltag erschweren, soll der ÖPNV für alle die Mobilität auch ohne Auto garantieren. Für den Stadtteil wird eine verbesserte, also vor allem häufigere Anbindung durch den ÖPNV anzustreben sein. Eine zusätzliche zentrale Bushaltestelle in der Leonhardstraße kann das gesamte Quartier erschließen.

    Wenn doch ein Auto benötigt wird, ist ein Carsharing-Pool die notwendige Ergänzung zum Radverkehr und O?PNV. Durch einen zentral gelegenen Car-Sharing Pool in der Tiefgarage ist jeder in maximal 4 Minuten am Auto. Das Angebot und die Kapazität der Leihfahrzeuge in diesem zentralen Share-Hub werden durch einen erweiterten e-bike Verleih ergänzt und abgerundet. Aus diesem Pool kann jeder sich genau das (E-)Fahrzeug ausleihen, das zu seinem aktuellen Mobilitätsbedürfnis passt.

     

    Erschließung und Parkierung MIV

    Alle Gebäude können über das Wegenetz für Umzüge, Lieferungen, Rettung, Feuerwehr und bei eingeschränkter Mobilität angefahren werden. Oberirdische Stellplätze werden jedoch nur für kurzes Halten in der Leonhardstraße angeboten.

    Eine öffentliche, eingeschossige, großzügige Quartiersgarage nimmt den gesamten Stellplatzbedarf nach dem Schlüssel der Auslobung auf. Sie liegt unter den südlichen und nördlichen Blocks und erlaubt kurze Zugangswege. Die zwei Zu- und Abfahrten liegen in der Leonhardstraße jeweils am Anfang des Quartiers.  Zu- und Abgänge in die Tiefgarage sind den einzelnen Häusern der Blocks direkt zugeordnet. Der Zugang zum zentralen Sharing-Hub kann sowohl aus dem öffentlichen Räumen heraus erfolgen als auch aus der Quartiersgarage. Die Herstellung der Quartiersgarage in Bauabschnitten ist mit den Bauetappen der oberirdischen Gebäude flexibel kombinierbar.

    Die Stellplätze des Nahversorgungsmarktes liegen direkt unter dem Markt in der Tiefgarage als auch oberirdisch in der vorgelagerten Stichstraße. Die Anlieferung des Marktes erfolgt über die Zufahrt zum Wertstoffhof, die in einen kleinen Kreisverkehr umfunktioniert wurde.

    Wenn das übergeordnete Mobilitätskonzept der Stadt Kempten greift, können Bereiche der Tiefgarage später in Bike-Spaces umgenutzt werden. Die Tiefgarage würde dann zu einem Shared-Space Bereich, in dem nicht länger das Auto Vorrang hat, sondern alle Teilnehmer gleichberechtigt sind.

    Wenn das quartierseigene Mobilitätskonzept umgesetzt wird, sehen wir die Möglichkeiten, die Ausdehnung der Tiefgarage von Anfang an zu reduzieren, denn Car-Sharing, Bike-Verkehr und die Durchmischung von Wohnen und Arbeiten werden von Anfang an wirksam sein. Beispielhaft ist daher eine verkleinerte Ausdehnung der Tiefgarage im Piktogramm dargestellt. Dabei soll der Teil der Tiefgarage, in der das Car-Sharing verortet ist zentral im Quartier zugänglich bleiben. Gegebenenfalls können freiwerdende Stellplätze auch für die spätere Erweiterung im Bereich des Wertstoffhofes verwendet werden.

     

    Klimaanpassungsstrategie

     

    Retention

    Durch das innovative Regenwassermanagement kann das im Quartier anfallende Regenwasser mit Hilfe von Retentionsdächern, Baumrigolen und Zisternen komplett im Gebiet zurückgehalten und teilweise wiederverwendet werden. Bei Starkregenereignissen wird das überschüssige Regenwasser über ein offenes, begrüntes Muldensystem an das bestehende Gewässer des Engelhaldeparks abgegeben. Somit entsteht ein ökologisch wertvoller Kreislauf, bei dem das Regenwasser optimal genutzt und möglichst dem natürlichen Kreislauf zugeführt wird.

     

    Dach- und Fassadenbegrünung

    Die Fassaden der Gebäude werden mit zwei unterschiedlichen Systemen begrünt und reagieren so individuell auf die jeweilige Gestaltung.  So entstehen horizontale, grüne Bänder aus Gräsern und Stauden sowie hängende, transparente Gärten. Entlang des Wegenetztes bilden sich so unterschiedliche grüne Räume aus. Auch die Dächer erhalten einen grünen Layer, halten das Regenwasser zurück und sorgen für ein angenehmes Microklima.

     

    Durchlüftung - Microklima

    In Zeiten des Klimawandels nehmen sowohl Starkregenereignisse als auch Hitzeperioden zu. Daher ist eine gute Durchlüftung und Durchgrünung des Quartiers von höchster Bedeutung. Die weitläufigen, zentralen Grünflächen des Loops und der Innenhöfe sowie die großzügigen trichterförmigen Öffnungen ins Quartier bieten dabei beste Voraussetzungen für eine gute und stetige Durchlüftung. Der hohe Grünanteil und die Einbindung von Wasserelementen bieten eine zusätzliche Kühlung der Luft an heißen Tagen.

     

    Energiegewinnung

    Auf den Dächern der viergeschossigen Bauten sammeln – kaum sichtbar für die Augen der Anwohner – Photovoltaikanlagen die Sonnenstrahlen ein und versorgen die Anwohner mit Strom. Durch die aufgeständerte Konstruktion ist auch hier die extensive Begrünung der Dachflächen möglich.

     

    Freiraumkonzept

     

    Übergeordnetes Freiraumkonzept Leonhardquartier

    Das Grün des Engelhaldeparks zieht sich in das neue Quartier. Der Grüne Loop, der sich durch die dynamischen Blöcke noch weiter öffnet, bietet Flächen für Spiel, Sport und Erholung und begünstigt die Durchlüftung zwischen den Neubauten bis hinein in die bestehenden Strukturen. Die beiden zentralen Nord-Süd-Achsen verknüpfen die geschäftige Leonhardstraße mit dem Park und symbolisieren in ihrer Gestaltung den Übergang der urbanen Räume in die malerische Landschaft Das ergänzte Wegenetzvervollständigt die Einbindung des neuen Quartiers in seine Umgebung und bildet im Zuge der Konversion des ehemaligen Werksgeländes die Nahtstelle zwischen Wohnen und Park.

    Mit organischen Formen reagieren die Freiräume auf die starken Strukturen der Blöcke und bieten den Wohnbauten attraktive Eingangsbereiche. Die Baumstellungen und die Radien der Wege lassen durchgängig Raum für die Durchfahrung mit Müll- und Rettungsfahrzeugen. Entlang der Haldenkante entsteht als Gegensatz zur Leonhardstraße der grüne Boulevard. Mit öffentlichen ruhigen Sport- und Fitnessangeboten. Im Zentrum kragt ein geschwungener Steg über die Kante hinaus und bietet zwischen Bäumen einen atemberaubenden Blick über den Landschaftspark.

    In den Nord-Süd-Achsen leitet ein Wasserlauf, der gespeist wird mit Regenwasser aus den Zisternen und aus Fontänenfeldern erfrischend entspringt, Fußgänger zunächst in gerader Form und später geschwungen in Richtung Park. Im Zentrum sammelt sich bei Starkregenereignissen das Wasser in begrünten Retentionsmulden. Ab der Hangkante ergießt sich das gesammelte Regenwasser in Retentionskaskaden.

    Die Innenhöfe stärken mit ihrem fließenden aber frei gestaltbaren Übergängen zwischen privaten und halbprivaten Bereichen das Gemeinschaftsgefühl der Bewohner. Spiel und Aufenthaltsangebote lassen die Bewohner aller Wohntypologien für Gespräche und Feste zusammenkommen. Stellflächen für Fahrräder integrieren sich in die Fugen.

    A Shared-Space Leonhardstraße

    Im Bereich der Leonhardstraße entsteht durch eine durchgehende Belagsfläche über die Fahrbahn ein städtischer Boulevard. Hier werden alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt. Angrenzend befinden sich kleine Geschäfte und Shops, die zum Flanieren einladen. Kleine Cafés bieten am Auftakt der Achsen ins Quartier Sitzplätze an der frischen Luft. Vereinzelte Spielpunkte und die Fontänenfelder lassen die Zeit wie im Flug vergehen. Unter den Baumreihen gliedern ausgewiesene Fahrrad- und PKW-Stellplätze den Raum und bieten so Anreize das Quartier zu besuchen.

    B Die Pförtnergasse

    Die Co-Working-Spaces in der Pförtnergasse bieten ein individuelles Angebot für Selbständige und Kreative. In der Mittagspause eröffnet sich ihnen gegenüber eine große Auswahl an verschiedenen Gastronomien. Tische und Schirme leiten den Weg durch die Gasse. Im Schatten der Baumreihe bieten sich ausreichend Abstellmöglichkeiten für Fahrräder. Das Pförtnerhäuschen am Beginn der Gasse bleibt als Info-Pavillon erhalten und dient dem Austausch des Quartiers.

    C Die Quartiersplätze

    Die belebten Quartiersplätze schieben sich in den Grünen Loop hinein. Öffentliche Funktionen wie Nahversorger und Kita ziehen Besucher an. Die mobilen Stühle unter den Baumgruppen werden zu neuen Treffpunkten, auf denen man in Ruhe das Treiben auf den Plätzen beobachten kann oder sich gemütlich mit Bekannten austauscht. Das lockere Blätterdach sorgt dabei für angenehm kühlen Schatten. 

    D Die Innenhöfe

    In den Innenhöfen bilden sich weite gemeinschaftliche Flächen aus, die von den privaten Zonen gerahmt werden. Die Übergänge sind dabei offen und je nach Vorliebe frei gestaltbar. Das gemeinschaftliche Zentrum bietet ausreichend Platz für Spiel- und Aufenthaltsflächen. Hier kommt die Nachbarschaft für Gespräche und Feste zusammen. Die mit Dachwasser gespeisten Zisternen liefern nach Regenfällen Wasser für die heimischen Gemüsebeete – so kann jeder Bewohner selbst zum Gärtner werden. Die nördlichen Höfe öffnen sich zum Park. Niedrige Sitzmauern setzen durch den kleinen Höhensprung die Höfe vom Grünen Boulevard mit seinem Aktivband ab. So wird ein bewusstes Eintreten in die Innenhöfe und eine optische Trennung des privaten Bereichs geschaffen.

    E Der Grüne Loop

    Im Zentrum zieht sich der Grüne Loop als Erweiterung des Parks durch das neue Quartier. Auch hier werden die Ränder als private Zonen der Erdgeschoss-Wohnungen ausgebildet. Begrünte Fassaden ergänzen das Gesamtbild. Seichte Hügel umschließen die geschwungenen Wege und bieten Raum für Spiel- und Erholungsmöglichkeiten. Bunte Wiesen- und wogende Gräserflächen erschaffen eine angenehme Atmosphäre. An den Nord-Süd-Achsen sammelt sich das Regenwasser in grünen

    Retentionsmulden, die insbesondere nach Regenereignissen zusätzliche spannende Spielflächen bieten. Im Westen schließt der Grüne Loop mit der Kita-Freifläche ab. Ein Flächentausch mit den angrenzenden Grundstücken könnte diese bei Bedarf noch vergrößern. Die Anfahrbarkeit durch die Feuerwehr wird, wie selbstverständlich in das bestehende Wegenetzt integriert. Dabei werden die Wegeradien durch tragfähige Grünflächen ergänzt. Somit wird die Durchfahrung und Aufstellung des Quartiers mit Rettungsfahrzeugen in die Gestaltung integriert und sichergestellt.

    F Die Alleen

    Die beiden zentralen Achsen durch das Quartier verknüpfen die städtische Leonhardstraße mit dem Landschaftspark. Die Gestaltsprache der Achsen passt sich hier dem Verlauf vom urbanen geradlinigen Raum hin zum organisch landschaftlichen Freiraum an. Die trichterförmigen Aufweitungen mit den Baumrastern im Süden ziehen Besucher in das Quartier. Unter den Baumreihen werden die Fahrräder der Besucher abgestellt. Weiter im Norden beginnen die Wege an zu schwingen und die Baumreihen lösen sich langsam auf. Zum Park hin münden die Achsen in den Grünen Boulevard mit seinen Sport- und Fitnessangeboten – Beachvolleyball, Tischtennis, Boule, … - und gehen in den neuen Aussichtssteg über.

     

    Identitätsstiftende Fassadengestaltung

    Diversität in Form und Fassade ist für uns ein wichtiger Aspekt in der Gestaltung des neuen Quartiers. Individuelle Gebäudetypologieen und eine differenzierte Fassadengestaltung sollen einem jeden Bewohner die Möglichkeit geben, sich mit seinem Wohnort zu identifizieren. Bei der Ausformulierung des individuellen Baukörpers wird daher eine Regel vorgeschlagen, die einem jeden Baukörper die Option zur individuellen Gestaltung gibt, aber auch Raum für Wiederholungen lässt. So wird bei jedem Baukörper zunächst ein Versatz zur Gebäudeaußenkante definiert, der die thermische Hülle definiert. Dieser Versatz ist dreiseitig klein (ca.80cm) und einseitig groß (ca.2,80m). Die Ausrichtung für den großen Rücksprung wird durch die ideale Ausrichtung der Balkonschicht Richtung Süd oder West definiert. Der Entstehende Zwischenraum gibt Platz für eine individuelle Fassadengestaltung. Ob horizontale Bänder, vorgestellte Balkone, Loggien oder Laubengänge, alle Optionen sind möglich. Bei einheitlicher Grundrissgestaltung kann auch innerhalb eines Baukörpers die Ausformulierung der Fassade geändert werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Fassadengestaltung alle 25-30m differenziert werden.

     

    Grundrissgestaltung

     

    Konzept Wohnen

    Die Erschließungstypologie der Gebäude orientiert sich an bewährten Mehrbundtypologien, die das Verhältnis von Erschließungsfläche zu Wohnfläche wirtschaftlich austarieren.

    Grundsätzlich werden die Grundrisse „durchwohnt“, die Wohnungen sind beidseitig besonnt und belüftet. Durch das Durchwohnprinzip ergibt sich ein Raumgefühl mit allen Vorteilen der zusätzlichen Belichtung, Belüftung und verschiedenen außenräumlichen Bezügen. Das Fassadenkonzept der Wohnungen beschreibt eine Gestaltungszone um die Gebäude, deren Wohnflächen je nach Gebäudeorientierung und städtebaulicher Randbedingung in diesem Bereich mit individuellem und standortbezogenem Außenraum ergänzt und veredelt werden. Die Wohnungen gliedern sich in offenere und private Flächen und bilden Rückzugsbereiche aus. Im einhüftigen Bereich der Treppenhäuser sind kleinere und weniger tiefe Wohngrundrisse verortet, die bei Bedarf als Schalteinheiten im Verbund flexibel den benachbarten Wohnflächen geschaltet werden können. Der trapezoide Zuschnitt der Geschoßflächen erlaubt die Wohnungsgrundrisse jeweils in den zulässigen von-bis Flächenbereichen des Wohnungsschlüssels zu individualisieren. Die Grundrisstypologien erzielen hierdurch eine Varianz an bewährten Grundrissformen, die der gelebten Individualität der Bewohner einer Stadt in sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht Rechnung tragen. Die gebaute Varianz bildet die Bedürfnisse der gemeinsamen Nutzer von „jungem“ und „altem“ Wohnen, aber auch Familien- und gehobenes Wohnen, sowie leistbares Wohnen in großer Bandbreite ab. Die Erschließungskerne der Wohnungen verbinden diese im Erdgeschoß direkt mit den hofseitigen gemeinsam genutzten Freiflächen. Private Freiflächen im Erdgeschoß erhalten eine diskrete Separierung und Sichtschutz. Die Treppenhäuser sind im Erdgeschoß „durchgesteckt“ und leisten die Adressbildung auf der Außenseite der Höfe. Zwischen den Erschließungsbereichen im Erdgeschoß spannen sich private Fahrradlounges auf, welche die Fahrräder bequem zugänglich, wettergeschützt und diebstahlsicher aufnehmen und falls erwünscht mit elektrischer Energie betanken.

     

    Materialisierung, Konstruktion und Nachhaltigkeit

     

    Konstruktion und Materialien

    Ziel ist eine nachhaltige primäre Konstruktion, die dem Wortsinn auch gerecht wird. Dies bedeutet zunächst der Verzicht auf ein Wärmedämmverbundsystem. Marktübliche Hochlochziegel garantieren einerseits die statische Tragfähigkeit bis zur dargestellten Geschossigkeit und erfüllen andererseits ohne zusätzliche Dämmebene die geltende EnEV und den erforderlichen Wärmeschutz. Brand- und Schallschutz sind hierbei ebenso gewährleistet.

    Angestrebt wird ein gesamtheitliches, architektonisches Erscheinungsbild des Ensembles zusammen mit der bestehenden Stadt, wobei die Gliederung und Fassadengestaltung für individuelle Identitäten im Blockrand sorgt. Dies wird durch städtebauliche Struktur, Typologie, Konstruktion und Material gewährleistet. Durch Vor- und Rücksprünge, Gliederungen und unterschiedliche Materialien der Oberflächen werden die langen Fassadenseiten gebrochen, es entsteht ein architektonisches Wechselspiel, das eine Ebene von Komplexität und Identität einbringt. 

     

    Nachhaltigkeit I Energetisches Konzept

    Auch wenn die Gebäude in ihrem architektonischen Ausdruck eher komplex erscheinen, wird durch die Simplifizierung der Geometrie der thermischen Hülle (kw/m2) ein nachhaltiges Gesamtkonzept erreicht. Alle Außenbereiche sind entweder vorgestellte oder vorgehängte Bauteile, die von der thermischen Hülle getrennt sind. So werden auf sehr ökonomische Weise für alle Wohnungen großzügige und besondere Außenräume gebildet. Außerdem bieten diese gleichzeitig eine natürliche Verschattung der Fassade. Konstruktion, Material und Haustechnik ergänzen sich und spielen in einem aufeinander abgestimmten energetischen Konzept zusammen, das sich auch gerade der Nachhaltigkeit verpflichtet sieht. Für die Abdeckung der Grundlast der Wärmeerzeugung wird eine Pelletheizung vorgeschlagen. Bei entsprechenden Leistungsgrößen sind marktübliche Kessel für Mehrfamilienhäuser auch mit innovativer Brennwerttechnik erhältlich. Ein ausreichend großer Pellet-Lagerraum ist im jeweiligen Kellergeschoss jedes Hauses nachweisbar. Die einzelnen Wohnungen erhalten eine Fußbodenheizung. Die Regelung der Wohn- und Schlafräume erfolgt über Raumthermostate, Abstellräume bleiben unbeheizt. Das Bad mit Badewanne erhält einen Handtuchwärmekörper mit Anschluss an die Fußbodenheizung. Das Treppenhaus erhält einen Heizkörper zur Temperierung. Pellets-Heizkessel eignen sich bestens zur Kombination mit Brauchwasserspeichersystemen zur Warmwassererzeugung und Speicherung. Die Einbindung einer Solaranlage ist ebenfalls gegeben. Als Lüftungskonzept wird ein Abluftsystem vorgeschlagen. Aufenthaltsräume werden mit Fensterfalzlüfter bzw. Außenwanddurchlässen zur Luftnachführung ausgestattet. Bäder /WCs und innenliegende Abstellräume mit Waschmaschine werden mit Ablüftern (bedarfsgeführt + Grundlast) ausgestattet. Die Funktion der raumübergreifenden Lüftung wird über ca. 10 mm gekürzte Wohnraumtüren gewährleistet. Eine individuelle, zusätzliche Lüftung über die Fenster ist erforderlich und Teil des Lüftungskonzeptes. Die erste Stufe der Lüftung gewährleistet permanent einen Luftwechsel zum Feuchteschutz, die zweite ist nutzungsabhängig. Die Küchen erhalten eine Anschlussmöglichkeit für den Dunstabzug in der Außenwand oder über Dach. Unter Annahme vorgenannter Parameter, in Kombination mit einer massiven Mauerwerkswand wird ein energetisches Gesamtkonzept vorgeschlagen, welches auch der öffentlichen Wahrnehmung der Größenordnung des Bauvorhabens in innovativer, zeitgemäßer, technischer Weise gerecht wird.

    Grundsätzlich werden also nachhaltige und ressourcenschonende Bauweisen bei der Errichtung des neuen Quartiers angewendet. Serielle Vorfertigung, kürzere Baustellenzeiten in Verbindung mit intelligenten statischen Systemen schaffen ein hohes Maß an Effizienz und Nachhaltigkeit. Die Ziegelbauweise der Massivbauten im Quartier verwendet natürliche Rohstoffe und nutzt die wärme- und schalldämmenden Eigenschaften dieses Material vorteilhaft. Die Verwendung von nachhaltigen Baustoffen schafft ein gesundes Wohnklima das Behaglichkeit und Aufenthaltsqualität erzeugt. Die Speichermasse der Fassaden gleicht Tag- und Nachtschwankungen thermisch aus. Die Fassaden der Gebäude sind wartungsarm gestaltet und bieten so ein hohes Maß an Langlebigkeit. Die Grundrisse der Gebäude sind flexibel angelegt und erlauben den Anforderungen an das Wohnen verschiedener sozialer Nutzergruppen einer heterogenen Gesellschaft gerecht zu werden. Maßstäblichkeit, Vielfalt und Behaglichkeit als Grundlage für soziale und kulturelle Akzeptanz der Gebäude bedingen eine lange Nutzungsdauer der Gebäude und führen so zu einem nachhaltigen Einsatz von Energie und Materialressourcen. Die modernen Wohngebäude des neuen Leonhardquartiers werden damit dem Anspruch auf Nachhaltigkeit, Funktionalität, Gestaltung und Effizienz gerecht.

     

    Fassadenbegrünung

    Die zwei unterschiedlichen Arten der Fassadenbegrünung bieten vielfältige und individuelle Gestaltungsmöglichkeiten und sorgen für ein angenehmes Wohnklima

    Die horizontalen grünen Bänder bestehen aus Pflanztrögen, die in die Balkonbrüstung integriert sind. Bei dieser Art der Fassadenbegrünung kann aus einer Vielzahl an Stauden und Gräsern ein individuell auf die jeweiligen Himmelsrichtungen abgestimmtes Pflanzkonzept erstellt werden.  An eher schattigen Fassaden werden Waldarten wie Günsel, Wald Hainsimse, Rippenfarn, Purpurglöckchen und japanische Gräser vorgeschlagen. An den Südseiten wachsen Strauchmargeriten, Verbene und auch Kräuter wie Lavendel und Thymian. So sind in der Form- und Farbgebung keine Grenzen gesetzt. Durch den zusätzlichen Blüheffekt bieten diese Pflanzungen zudem ein breites Nahrungsangebot für Bienen, Schmetterlinge und weitere Insekten.

    Die hängenden Gärten bilden eine transparente Fassadenbegrünung, die den Feinstaub bindet und so einen grünen Filter für die Wohnbauten schafft. Bei dieser Art der Begrünung werden meist hängende Kletterpflanzen verwendet, die aufgrund ihrer schwächeren Stützstruktur auch als „Hängepflanzen“ eingesetzt werden können. Dafür eignen sich Winterjasmin und Knöterich. Beide wachsen sowohl an sonnigen und halbschattigen Fassaden. Alle Kletterpflanzen bieten zudem einen Blüheffekt, sodass sie auch den Insekten Nahrung bieten. 

    Bild zum Projekt Wettbewerb Quartier an der Leonhardstraße / Saurer-Allma-Gelände Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Quartier an der Leonhardstraße / Saurer-Allma-Gelände Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Quartier an der Leonhardstraße / Saurer-Allma-Gelände Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Quartier an der Leonhardstraße / Saurer-Allma-Gelände Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Quartier an der Leonhardstraße / Saurer-Allma-Gelände Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Quartier an der Leonhardstraße / Saurer-Allma-Gelände Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Quartier an der Leonhardstraße / Saurer-Allma-Gelände Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Quartier an der Leonhardstraße / Saurer-Allma-Gelände Kempten
    Bild zum Projekt Wettbewerb Quartier an der Leonhardstraße / Saurer-Allma-Gelände Kempten