Neubau explorhino, Werkstatt junger Forscher an der Hochschule in Aalen

    Auftraggeber:

    Die explorhino-Bau GbR

    vertreten durch

    Gerhard, Manfred, Max und Simon Grimminger

    Wettbewerb:

    einphasiger Realisierungswettbewerb

    Projektbeteiligte:

    Landschaftsarchitektur: Lohrer.Hochrein Landschaftsarchitekten, München

     

    Tragwerksplanung:

    Leicht engeneering, Rosenheim

     

    Energie- und Klimakonzept:

    Transsolar Energietechnik, München

     

    Visualisierung: Killius Ernst, München

     

    Modellbau: Matthes Max Modellbau, München

    Städtebau 

    Der Neubau des explorhino ergänzt das Campusareal an der Beethovenstraße und stellt städtebauliche und räumliche Bezüge zu Hochschulbau und Mensa her. Nachdem das unmittelbare Umfeld vor allem von zweigeschossiger Ein- und Mehrfamilienhausbebauung geprägt ist, wird ein zweigeschossiger, in die Topografie eingebetteter Baukörper vorgeschlagen. Im Westen lagert sich ein ebenfalls zweigeschossiger Wohnungsbau an, der den öffentlichen Charakter des Gebäudes nicht einschränkt. Die Gebäudekörper werden in Analogie zum städtebaulichen Umfeld im Schwerpunkt des Umgriffs positioniert. Im Kreuzungsbereich Beethoven- / Silcherstraße bildet sich ein Platzraum aus, der mit dem erweiterten Vorfeld der Mensa einen öffentlichen Ort schafft, der zugleich Vorplatz des Museums und öffentlicher Kommunikationsraum der Hochschule Aalen wird.

     

    Freiraum

    Der Neubau integriert sich in die übergeordnete Grünverbindung von der Hochschule nach Westen. Locker gruppierte Einzelbäume stärken diese Verbindung räumlich. Das Gebäude wird auf einem zusammenhängenden, richtungslosen Ortbetonplateau angeordnet, welches sich in Richtung Mensa und Hochschule orientiert und an die zwei Hauptstraßenübergänge anschließt. Ein großzügiger Vorplatz öffnet sich den Besuchern und schafft auch Raum zum Treffen und Warten. Eine Sitzmauer und frei gruppierte Sitzelemente bieten hier zusätzliche Aufenthaltsqualität. Im Innenhof können frei austauschbare Exponate unter einem malerischen Solitärbaum angeordnet werden. Die Erschließungsfuge zwischen Hauptbau und Wohngebäude ist barrierefrei erreichbar, sowohl für Anlieferung und Entsorgung geeignet und ermöglicht somit das Umfahren des Gebäudes. Entlang der Silcherstraße werden oberirdische Längsparker angeboten. Die Parkierungsfläche wird mit Rasenfugenpflaster in die Grünfläche eingebettet.

     

    Architektur und Gestaltung

    Durch die abgewinkelten Aussenkanten nimmt der Baukörper die Bezüge aus dem Umfeld auf und lässt einen kompakten Baukörper entstehen. Die Ausformung des Baukörpers im Erdgeschoss leitet die Besucher vom öffentlichen Vorplatz in das Gebäude und schafft im Inneren einen gefassten Freibereich, der für Exponate, die Freibestuhlung des Cafes und das Forschen im Freien einen kreativen, halböffentlichen Rahmen bietet. Dieses Atrium im Zentrum des Gebäudes ist orientierendes und verbindendes Element zugleich und trägt über den visuellen Bezug zwischen den verschiedenen Einheiten wesentlich zu Kommunikation und Identifikation im Gebäude bei.

    Die vorgehängten großformatigen Fassadenpaneele aus verzinktem Stahlblech geben dem Gebäude ein unverwechselbares Gepräge. Die verzinkte Oberfläche ist sehr beständig, da sie bei Bewitterung Deckschichten, die den Schutz des Zinks und damit der Stahloberflächen übernehmen. Die Feuerverzinkung in entsprechender Schichtdicke benötigt während ihrer 60-jährigen Nutzungsdauer keine Wartung, gegenüber sonstigen Konstruktionen, die alle 15 Jahre einen Wartungsanstrich benötigen. Zur Unterstützung der flexiblen Raumanforderungen ermöglicht die Fassadenstruktur   die vielfältige Teilbarkeit. In exponierten Fassadenbereichen geben großformatig eingeschnittene Verglasungen großzügige, balkonartige Ausblicke in die Umgebung frei.

     

    Adressbildung

    Im Entwurf wurde wert gelegt auf die jeweils eigenständige Erschließung der verschiedenen Einheiten. Dem öffentlichen Anspruch als Museum folgend erhält das Science Center im Osten am Übergang zum Campus eine öffentlich ablesbare Adresse mit einer markanten Zugangssituation. Der Büro- und Seminar-Bereich erhält von Westen eine adäquate Adresse.

    Sollten die Nutzungsbereiche weiter, also über beide Geschosse zusammengefasst werden, dienen die beiden gegenüber liegenden Erschließungskerne als großzügige Verbindung der Ebenen. Deren Anordnung ermöglicht aber auch eine weitere Unterteilung in kleinteilige Nutzungsbereiche, die eine gemeinsame Infrastruktur nutzen können.

    Der Umgang entlang des Atriums ist elementarer Kommunikationsbereich. Er leistet durch räumliche Verdichtungen und Aufweitungen einen wesentlichen Beitrag für die informelle Kommunikation und bietet somit ein kreatives und innovations-förderndes Umfeld.

    In seiner Ausformulierung verbindet der Baukörper die Anforderung, als öffentlicher Ort Museum zu sein, mit den Anforderungen an ein zeitgemäßes Forschungs- Büro- und Seminargebäude.

     

    Raumprogramm, Funktion, Erschließung, Organisation, Orientierung

    Das Raumprogramm formuliert drei eigenständige Bereiche. Im Erdgeschoss gliedert sich das explorhino in den Science- und Experimentierbereich mit Multifunktions-, Schulungs- und Laborräumen, die über einen entlang des Atriums organisierten Umgang miteinander verbunden sind. Der in der Raumfolge zentral gelegene Zugangsbereich und die unmittelbar angelagerten Shop- und Cafeteriazonen sind zugleich Informations- und Orientierungspunkt für die Einführungen.

    Durch die Anbindung aller Labore, Seminarräume und Experimentierbereiche an den Rundgang ergeben sich im Laufe des Tages, u.a. wenn die Gruppen ihre Räumlichkeiten tauschen, anregende Blickbeziehungen innerhalb des Gebäudes. Ein vergleichbares Organisationsprinzip liegt den im Obergeschoss situierten Büro- und Seminarbereichen zugrunde. Die Interaktion zwischen den verschiedenen Teilbereichen wird hierdurch nachhaltig unterstützt. Die Wohnnutzung entwickelt sich in einem eigenständigen zweigeschossigen Baukörper, unter dem sich auch der Großteil der geforderten Stellplätze befindet.

    Die Wohnungen öffnen sich nach Süden und Westen und nutzen die Ausblicke über das Kochertal in die Ellwanger Berge.Der gesamte Ausstellungsfläche des explorhino und die Hälfte der Wohnungen liegen auf einer durchgehenden Ebene und sind somit sowohl von der Silcher- als auch von der Beethovenstraße aus barrierefrei erreichbar sind. Ein Aufzug ermöglicht zudem auch das Obergeschoss des Office-Bereichs barrierefrei und rollstuhlgerecht zu erreichen als Basis einer auch künftig flexiblen Nutzung des Gebäudes.

     

    Flexibilität des Gebäudes im Falle einer Nutzungsänderung

    Die Grundstruktur des Gebäudes ermöglicht es, im Falle einer Nutzungsänderung die jeweiligen Anforderungen flexibel umsetzen zu können. Über die jetzige Aufteilung eines zusammenhängenden Büro-, Seminar- und Laborbereichs hinaus ist die Aufteilung in kleinere, jeweils unabhängig voneinander erschließbare Einheiten realisierbar.

     

    Tragwerkskonzept

    Das Gebäude wird in Massivbauweise errichtet. Ein Trägerrostsystem aus Unterzügen (b/h = 30/60 cm inklusive Decke) trägt die Stahlbetondecken (OG: h = 24 cm, EG: h = 26 cm) und lastet auf der Stahlbetonfassade als wandartigem Träger d = 25 cm) und den Stahlbetonstützen (OG: d = 30 cm, EG: d = 35 cm) ab. Zum inneren Luftraum kragen die Unterzüge aus und verjüngen sich zum Deckenrand. Der Trägerrost wiederholt sich als Pfahlrost unter der 25 cm starken Bodenplatte. Die Pfähle unter dem Rost sind in Abhängigkeit der Lasten in ihrer Länge optimiert um gleichmäßige Verformungen zu erhalten.

    Für die Tiefgründung werden Ortbetonpfählen im Vollverdrängungsbohrverfahren vorgeschlagen. Das Verfahren kommt den Forderungen des Umweltschutzes entgegen, da das Abbohren fast ohne Beeinträchtigung der Umgebung erschütterungsfrei und geräuscharm erfolgt. Somit fällt kein belastetes Bohrgut an.An die Bewehrungskörbe werden im Vorfeld die Absorberleitungen angearbeitet.Der kleinvolumige Eingriff in den Deponiebereich durch die Tiefgarage erscheint nach Prüfung verschiedener Optionen als durchaus vertretbar und stellt nach Rücksprache mit einem Baugrundgutachter eine durchaus wirtschaftliche Lösung dar.

     

    Ökologische Anforderungen und Umweltverträglichkeit

    Die Konzeption des kompakten Gebäudes verbindet exzellenten Wärmeschutz mit effizientem Sonnen- und Blendschutz der Fassaden. Die äußeren Fassaden sind als hochgedämmte Massivfassaden mit integrierten Verbundfensterbändern aus 3-fach Wärmeschutzverglasung, externer Einfachverglasung und einem Mikrolamellen-Sonnenschutz im Zwischenraum konzipiert. Die Hoffassaden erhalten eine Verbundfassade ebenfalls in 3-fach + 1-fach Glasqualität und integriertem Sonnenschutz. Die Mikro-Lamellenraffstore ermöglichen guten Außenbezug und durch den flacheren Anstellwinkel der Lamellen im Oberlichtbereich gute Tageslichtumlenkung in die Raumtiefe bei optimalem Sonnen- und Blendschutzverhalten im übrigen Fensterbereich. Das Kunstlicht wird Tageslicht abhängig gesteuert und somit der Stromeinsatz für Beleuchtung minimiert.

    Die Tageslichtversorgung im hinteren Bereich der Labor- und Schulungsräume wird über ins Dach integrierte Oberlichterbänder mit eingelegten Spiegelrasterelementen gewährleistet. Die Nord-Süd Ausrichtung der Spiegelraster im Glas bewirkt eine vollkommen blendfreie Belichtung ohne bewegliche Elemente.Aufgrund des optimierten Sonnenschutzes und der hohen Qualität der Verglasungen wird ein optimaler winterlicher und sommerlicher Wärmeschutz erreicht.

    Die natürliche Belüftung der Räume erfolgt über Öffnungsflügel in Verbundfenster bzw. Verbundfassade zum Hof, über eine Rastereinstellung können so Schulungs- und Laborbereiche witterungssicher individuell mit Frischluft versorgen werden.Die Grundklimatisierung der Räume im Sommer erfolgt über eine Bauteilkühlung in den freien Geschossdecken, die raumseitig einen thermisch leitfähigen Akustikputz belegt sind. Durch den reduzierten Abstand der Rohrschlangenebene zur Unterseite der Decken, wird der thermische Widerstand des Akustikputzes kompensiert und im Sommer bis 40 W/m2 abgegebener Kühlleistung in den Raum erreicht. Die massiven Betondecken können diese Kühlenergie über mehrere Stunden speichern und sorgen so für eine Glättung des Kühllastprofils über Tag und Nacht. 

    Die individuelle Beheizung der Räume erfolgt über an den Fassaden positionierte Plattenheizkörper. In Perioden mit sehr tiefen Außentemperaturen wird die Betonkernaktivierung zur unterstützenden Temperierung der Decken eingesetzt.

    Die Aktivierung der Betondecken in den Schulungs- und Laborräumen erfolgt energetisch- und kostenoptimiert über direkte geothermische Kühlung mit als Energiepfähle ausgebildeten Gründungspfählen sowie dem unter den Bodenplatten verlegten Erdabsorberfeld. Im Foyerbereich wird eine Fußbodenheizung/ -kühlung eingesetzt und ebenfalls aus den Geothermiequellen versorgt.  Energiepfähle und der Erdabsorber unter dem Gebäude dienen im Winter als Niedertemperatur–Wärmeversorgung für eine hocheffiziente Wärmepumpe, welche die Grundwärmeversorgung des Gebäudes übernimmt. Lediglich in Spitzenzeiten wird ein Gas-Brennwertkessel hinzugeschaltet.

    Die mechanische Grundlüftung erfolgt über ein in die Rippendeckenfelder integriertes Kanalsystem das Deckenquellluftauslässe versorgt, die die Frischluft zugfrei mit geringen Geschwindigkeiten in die Räume hineinfallen lassen. Die Abluft wird ebenfalls im Deckenbereich abgesaugt und zur Lüftungszentrale geführt.Das zentrale Lüftungssystem saugt die Frischluft über einen Schacht über Dach an, ist mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung ausgestattet und nutzt zur Steigerung des sommerlichen Komforts eine Taupunktskühlung, welche die Frischluft durch indirekte adiabate Befeuchtung auf komfortable Zulufttemperaturen im Sommer kühlt. Die Abluft dient als Zuluft für die angrenzende Tiefgarage.

    Durch die in den Bauteilen befindliche thermische Masse, kann über ein Tag-/ Nachtlastmanagement die erforderliche Spitzenleistung aus dem Geothermiesystem gesenkt und die Systeme weitgehend über freie Kühlung betrieben werden. Da die Zuluftkühlung durch das Taupunktkühlsystem weitgehend miniert ist, ist ein Kühlbetrieb der Wärmepumpe lediglich kurzzeitig in sehr heißen Spitzenperioden erforderlich.

    Auf den Dächern werden Photovoltaikmodule oberhalb der Wasser führenden Dachebene flach aufgeständert, um eine entsprechende Hinterlüftung der Module zu gewährleisten und Eigenverschattung auszuschließen. Damit können Standard PV-Module montiert und die vorhandenen geeigneten Dachflächen von insgesamt ca. 2'000 m2 zu etwa 70% mit aktiven Modulen belegt werden. Bei Verwendung von monokristallinen Solarzellen kann an sonnigen Tagen eine elektrische Spitzenleistung von 250 kWp solar auf den Dächern erzeugt werden. 

    Die horizontale Anstellung der Photovoltaikmodule senkt zwar den pro Fläche erzielbaren Ertrag um etwa 15 % gegenüber optimal nach Süden angestellten Modulen aufgrund der etwas geringeren jährlichen Einstrahlung und der erhöhten Modultemperaturen, erreicht jedoch eine größere aktive Gesamtfläche, da sich die Module nicht gegenseitig verschatten.

    Für diese Anlagenausführung werden etwa 850 kWh Jahresstromertrag pro Kilowatt Spitzenleistung erreicht. Mit der vorgeschlagenen dachintegrierten Anlage werden insgesamt etwa 230’000 kWh Strom jährlich erzeugt, was bei Ansatz des deutschen Strom - Mix einer jährlichen Einsparung von 120 Tonnen CO2 entspricht. Die weitgehende Optimierung des Wärmebedarfs der Gebäude sowie die Wärmeversorgung über Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung und die dachintegrierte Stromerzeugung führt zu einem primärenergetisch optimierten und zukunftsweisenden Gesamtkonzept für dieses Projekt. Damit wird in diesem zukunftsfähigen Gesamtkonzept ein optimierter thermischer Komfort für die Nutzer mit sehr geringen Primärenergiebedarfswerten für die Gebäudeversorgung vereint und gute Voraussetzungen für einen sehr wirtschaftlichen Gebäudebetrieb geboten. 

    Bild zum Projekt Wettbewerb explorhino, Aalen
    Bild zum Projekt Wettbewerb explorhino, Aalen
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